iPhone 14 Keynote Apple

Das hat uns Apple an der Keynote verschwiegen

Alles neu, alles besser – wie immer war die Keynote zu den neuen Apple Gadgets gespickt mit Superlativen. Doch einige Infos zum iPhone 14 oder zur Apple Watch Ultra gabs nur am Rand oder gar nicht. Wir haben uns auf die Suche gemacht.

TextLorenz Keller

Grosser Auftritt für Apple-Chef Tim Cook: An der grossen Keynote konnte er aus dem Vollen schöpfen. Neue Features, Superlativen, brandneue Produkte. Doch in der durchorchestrierten Show fehlen auch manchmal entscheidende Details. Das hat uns Apple an der Keynote verschwiegen. 

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Zwei beeindruckende neue Features hat Apple-CEO Tim Cook bei der grossen Keynote vorgestellt. Zuerst einmal wird das iPhone zum Satelliten-Notruf-Telefon. Auch ganz ohne Handyverbindung kann man Rettungskräfte alarmieren oder seine Position Freunden durchgeben. Das alles ist mit den normalen Handy-Antennen möglich und auch im günstigeren iPhone 14. Allerdings braucht es direkte «Sichtverbindung» zum Satelliten. Und der Dienst kommt vorerst nur in den USA und in Kanada. 

Das zweite Feature dagegen ist auch bei uns erhältlich – allerdings nur für Käufer der teuren Pro-Modelle. Die haben einen neuen Display ohne grosse Notch. Die Aussparung für Sensoren und Selfiecam ist stark geschrumpft. Und wird als «Dynamic Island» genutzt. Die schwarze, pillenförmige Fläche wird in Animationen integriert: bei Anrufen, Benachrichtigungen oder auch Navigationsanweisungen. Das ist sehr clever gemacht und sieht gut aus. 

Auch negative News gibts: So werden alle iPhones teurer als im Vorjahr. Wer ein neues iPhone 14 möchte, muss nun mindestens 929 Franken bezahlen. Eine günstigere Variante gibt es nicht mehr. Und das für ein Modell, das nur den Chip aus dem Vorjahr bekommt. 

Das normale iPhone 14 ist somit ein bisschen eine Enttäuschung: Zwar ein Upgrade für die Kamera und die Selfiecam, sonst bleibt vieles gleich wie im Vorjahr. Immerhin gibts neu auch ein normales iPhone 14 als Plus mit grossem 6,7-Zoll-Display. Mit der besten Akkulaufzeit aller iPhones. 

Bei den Pro-Modellen hat Apple noch mehr aufgerüstet. Der Screen ist noch heller und kann Always-on sein. Sprich: Er zeigt im Sperrbildschirm immer die wichtigsten Infos an. Das 14 Pro und Pro Max bekommt auch den neusten Prozessor. Und ein ganz neues Kamerasystem. Erstmals baut Apple einen 48-Megapixel-Hauptsensor ein. 

Die normale Apple Watch bekommt in der achten Generation nur ein sanftes Upgrade. Gleiches gilt für die SE. Dafür gibts neu eine dritte Version, nämlich die Apple Watch Ultra mit 49-Millimeter-Titan-Case. Sie zielt auf jene ab, die bisher eine Sportuhr genutzt haben. Etwa mit besserem GPS, Tauchcomputer-Fähigkeiten und auch den 36 bis 60 Stunden Akkulaufzeit. 

Die Airpods Pro in der zweiten Generation liefern sechs Stunden Akkulaufzeit, besseren Sound und eine doppelt so gute Geräuschunterdrückung. Die Lautstärke kann direkt am Ohrhörer per Swipe angepasst werden. 

Das iPhone 14 wird zum teuren Vergnügen

Zwar bleiben in den USA die Preise gleich, das ist in der Schweiz nicht der Fall. Das iPhone 13 kostete 879 Franken, das iPhone 14 nun 929 Franken. Beim Pro Max sind es statt 1229 Franken nun 1299 Franken.

Was dazukommt: Wer die neuste Generation will, der kommt mindestens auf 929 Franken. Es gibt keine günstigere Variante mehr. Im Vorjahr war das günstigste neue Modell mit neuer Technik das iPhone 13 Mini für 779 Franken.

Das iPhone 14 Plus ist sicher ein interessantes Modell, weil es einen grossen 6,7-Zoll-Screen liefert. Aber es kostet über 1000 Franken, nämlich 1049 Franken. Und das für ein Gerät mit dem Chip aus dem Vorjahr. Nur gerade 130 Franken mehr verlangt Apple fürs kleine Pro – das aber dann halt mit viel mehr Features aufwartet: neuer Screen, neue Kamera, neue Features.

Übrigens: Im Euroraum sieht es noch schlimmer aus. Dort kostet das iPhone 14 nicht 929 Franken sondern 999 Euro.

Was passiert mit dem Mini-iPhone?

Tatsächlich hat Apple das iPhone 13 weiter im Programm. Die normale 6,1-Zoll-Grösse kostet 829 Franken. 50 Franken weniger als vorher. Und das iPhone 13 Mini gibts für nur 699 Franken, fast 100 Franken weniger als bisher.

Das könnte durchaus eine Alternative sein für alle, die ein älteres iPhone haben und nicht so viel Geld ausgeben wollen. Zur Erinnerung: Die 13er haben denselben Chip drin wie die normalen 14er.

Was ist wirklich der Unterschied zwischen 13 und 14?

Das iPhone 14 hat Apple an der Keynote so verkauft, als sei alles brandneu. Sogar der Chip aus dem Vorjahr tönte nach aktueller Innovation. Die tatsächlichen Unterschiede findet man dann erst auf dem Datenblatt heraus.

Das Display ist bei beiden total identisch. Erstaunlich ist, dass das iPhone 14 zwar 1 Gramm leichter, aber auch 0,15 Millimeter dicker wurde. Ob da die alten Hüllen noch passen?

Der A15-Chip steckt in beiden Modellen drin, immerhin im neuen mit 5 statt nur 4 Grafik-Kernen. Bei der Hauptkamera soll der Sensor grösser sein, und die Blende ist ein wenig besser geworden. Sprich: Der Sensor kommt mit schlechtem Licht besser klar. Wie gross dieser Unterschied ist, wird ein Test zeigen müssen.

Deutlich mehr kann man sich bei der Selfiecam erhoffen. Die ist übrigens im 14 und im 14 Pro identisch. Die Blende ist deutlich besser, und es gibt einen besseren Autofokus.

Ebenfalls neu ist die Unfallerkennung, die es beim iPhone 13 nicht gibt. Und die Akkulaufzeit ist ganz wenig besser.

Welches iPhone ist der neue Akkukönig?

Wie lange das iPhone wirklich hält, das verrät ja Apple nicht. In den technischen Daten findet man nicht einmal die Batteriegrössen. Aber es gibt Vergleichsdaten wie die Anzahl Stunden Videowiedergabe oder Audiowiedergabe. So kann man vergleichen.

Bisheriger Spitzenreiter war das iPhone 13 Pro Max, das im Alltag wirklich sehr lange hielt – und auch die Android-Konkurrenz in den Vergleichen immer schlug.

Apple sagte nun beim iPhone 14 Plus, dass dies die längste Akkulaufzeit in einem iPhone hat. Was aber gemäss Datenblatt nicht wirklich so ist. Tatsächlich sind die Werte deutlich besser als beim iPhone 12 und iPhone 14. Und auch das iPhone 14 Pro wird geschlagen.

Das iPhone 14 Plus liefert 20 bis 26 Stunden Videowiedergabe oder 100 Stunden Audiowiedergabe. Das iPhone 13 Pro Max lieferten 25 bis 28 Stunden Video und 95 Stunden Audio. Beim 14 Pro Max sind es gar 25 bis 29 Stunden Video und 95 Stunden Audio.

Im Alltag dürften also alle drei grossen iPhones sehr nahe zusammenliegen, tendenziell halten die Pro Max etwas länger, sobald man Anwendungen mit Grafik nutzt.

Als Referenz nutzt Apple auf der Website die maximale Videowiedergabe. Und dort gewinnt das 14 Pro Max mit 29 Stunden vor dem 13 Pro Max mit 28 Stunden und dem 14 Plus mit 26 Sunden. Beim 14 Pro wären es 23 Stunden, beim normalen 14 noch 20 Stunden.

Welche Features fehlen ganz?

Das Thema schnelles Laden verpasst Apple weiterhin. Natürlich setzt der US-Hersteller wiederum auf den Lightning-Anschluss und noch nicht auf USB-C. Enttäuschend ist aber auch, dass die iPhones nur mit 20 Watt maximal geladen werden können – egal, ob normales Modell oder Pro.

In 30 bis 35 Minuten kann man so den Akku zur Hälfte laden. Die Android-Konkurrenz ist da locker doppelt so schnell. Auch beim drahtlosen Laden bleibt alles wie bisher. Schade auch, baut Apple sein Magsafe-Zubehör nicht weiter aus. Kein Wort gab es dazu an der Keynote.

Auch den neusten WLAN-Standard 6e unterstützt Apple noch nicht, obwohl bereits Anfang Jahr erste Geräte damit ausgerüstet wurden. Der neue Standard ermöglicht es, noch mehr Gadgets parallel mit schnellem Internet zu versorgen. Vor allem in der Nähe des Routers sind auch deutlich höhere Tempi möglich.

Wo steckt das grösste Skandal-Potential?

Zwei Bereiche sind nicht etwas heikel – und erinnern an die Probleme bei den Airtags. Zuerst einmal der Notruf-Dienst über Satelliten. Natürlich eine coole Idee und beeindruckend umgesetzt. Doch: Wie lange müssen wir in der Schweiz wohl darauf warten? Und was kostet der Service, wenn man die zwei Gratisjahre abgelaufen sind?

Zudem kamen schon bei der Beschreibung in der Keynote Bedenken auf, wie alltagstauglich das ist. Es braucht eine direkte Verbindung zum Satelliten. Sprich: Ein Notruf funktioniert nur unter freiem Himmel. Und auch nur, wenn man das iPhone genau auf den Satelliten ausrichtet. Ein Assistent soll dabei helfen.

Mit Grausen erinnert man sich an den Assistenten, der einem helfen sollte, in der Nähe befindliche Airtags aufzuspüren. Ob man im Notfall dann wirklich die Geduld hat, damit rumzupröbeln und alles auszurichten?

Als zweiter Knackpunkt ist es manchem Beobachter sauer aufgestossen, dass Apple ausgerechnet jetzt in der Apple Watch einen neuen Sensor und neue Apps zum Tracken der Menstruation einbaut. Denn viele Frauen in den USA haben Angst, anhand solcher Trackingdaten zu Zyklus und Schwangerschaft überwacht zu werden. Da ja in den USA in verschiedenen Bundesstaaten Abtreibungen verboten sind, könnten solche Daten zur Strafverfolgung genutzt werden.

Apple betont natürlich den Datenschutz, hat aber die Problematik in ihrem Heimatmarkt mit keinem Wort erwähnt.