Endlich wieder ein gutes Phone mit echter Tastatur

Was genau mit den Original-Blackberry passiert, ist unklar. Die Kopie von Unihertz überbrückt die Wartezeit locker. Mit guter Tastatur, robuster Bauweise und erschwinglichem Preis.

TextLorenz Keller

Unihertz aus Hongkong hat sich auf Nischenprodukte spezialisiert – und lanciert kleine, verrückte oder ultrastabile Smartphones jeweils über Kickstarter. Der neuste Streich: ein Mix aus Blackberry und Outdoor-Phone. Und nach einem kurzen Test muss man sagen: Endlich wieder ein gutes Phone mit echter Tastatur.

Angst vor einem Crowdfunding-Debakel muss man übrigens nicht haben. Bisher hat die Firma jedes seiner fünf vorhergehenden Smartphones so auf den Markt gebracht – und immer ziemlich pünktlich geliefert. Die Geräte werden danach auch über reguläre Kanäle verkauft. Wir haben zum Beispiel vor einem Jahr das Mini-Phone Unihertz Jelly 2 ausprobiert.

Kompakt, stabil und mit echten Tasten

Das Titan Pocket kann man auf Kickstarter vorbestellen, ausgeliefert soll es dann im September werden. Das Gerät kostet knapp 200 Franken plus rund 15 Franken Versand und allfällige Zollkosten. Im Handel wird es danach 300 Franken oder etwas mehr kosten. Ein erstaunlich günstiger Preis.

Wir konnten eine Vorserienversion des Handys bereits kurz testen. Was sofort auffällt: Das Titan Pocket ist sozusagen die Outdoor-Version eines Blackberry. Mit fast 220 Gramm ziemlich schwer und auch recht dick, aber halt auch ultrastabil und robust.

So ein Gerät, das man überallhin mitnimmt und bei dem man nie Angst haben muss, dass etwas kaputt gehen kann. Unihertz verspricht denn auch, dass es gegen Stürze aus rund 1,5 Metern Höhe gut geschützt ist. Also gegen das typische Handy-aus-der-Hand-Fallen.

Das Smartphone liegt übrigens ausgezeichnet in der Hand, es ist breit, aber nicht zu breit und schön griffig. Die breiten Kanten und die strukturierte Rückseite helfen dabei. Das Gewicht stört im Alltag nicht so sehr. Die ganze Bauweise wirkt sehr hochwertig – in diesem Preisbereich nicht selbstverständlich.

Der grösste Vorteil der Bauweise ist ein echtes Keyboard mit Tasten – der grösste Nachteil der kleine Bildschirm. Das geht fast nicht anders. Und wer das Erste will, wird sich mit dem Zweiten problemlos anfreunden können.

Tippen wie ein Weltmeister

Das wichtigste Kaufargument fürs Titan Pocket ist auf jeden Fall die Tastatur. Und da gibts momentan nicht viele Alternativen auf dem Markt. Denn die Markenrechte des Pioniers Blackberry wurde in den letzten Jahren herumgereicht, was den Produkten nicht gutgetan hat.

Zwar soll noch dieses Jahr eine weitere Neuauflage kommen – wie und wann ist aber noch total unklar. Für Blackberry-Fans ist das Titan Pocket daher mindestens ein Lückenfüller – vielleicht aber auch eine langfristige Alternative. Denn Unihertz macht fast alles richtig und liefert fürs Geld viel Qualität.

Ein solches Gerät mit echter Tastatur kann aber auch für alle anderen eine Alternative sein, die sich mit dem Tippen auf dem Touchscreen schwertun. Klar, auch die Querty-Tastatur auf dem Titan Pocket braucht Übung, denn auch hier ist der Platz beschränkt, und die Tasten sind nicht übermässig breit.

Aber dank leichter Schrägstellung fühlt man sie sehr gut in den Fingerspitzen und findet sich schnell zurecht. Profis sind mit zwei tippenden Daumen nach kurzer Zeit fast so schnell wie auf einer PC-Tastatur. Auch, weil die Tasten straff sitzen und eine gute Rückmeldung bieten.

Clever wird auch der Touchscreen genutzt. Hier findet man häufig genutzte Satzzeichen, Emojis und die Wortvorschläge. Weniger gut, dass Ctrl, Alt und Shift in die oberste Reihe gewandert sind, was vor allem jene ärgert, die gerne mit Tastaturkürzeln arbeiten.

Übrigens: Aufgedruckt ist die US-Tastaturversion QUERTY – für uns sind Y und Z vertauscht. Nutzen lässt sich dann aber auch die deutsche QUERTZ-Version. Man kann also so tippen wie gewohnt und muss sich die «falsche» Bedruckung einfach wegdenken. Das ist schon toll so ein Phone mit echter Tastatur.

Für jeden Buchstaben zwei Shortcuts

Gut gefällt auch, dass man die drei Android-Befehlstasten als echte Tasten hat. Aber gleichzeitig dank Android 11 auch einfach die Gestensteuerung auf dem Touchscreen nützen kann. Aber gerade den grossen Home-Knopf nutzt man sofort und intuitiv.

Dass dieser gleichzeitig auch den ultraschnellen Fingerabdruck-Scanner integriert hat, ist ebenfalls durchdacht. Denn hat man das Phone in der Hand und legt den Daumen vorne drauf, dann liegt er genau auf diesem Knopf. Und man spürt ihn natürlich auch ohne hinzuschauen.

Die individuellen Möglichkeiten zur Programmierung von Tasten sind eine weitere clevere Idee. Das fängt bei der zusätzlichen roten Seitentaste an, auf die man drei Befehle legen kann. Etwa, um die Taschenlampe einzuschalten. Apropos Licht: Die Tastatur hat sogar eine auswählbare Hintergrundbeleuchtung, die sich automatisch dem Umgebungslicht anpasst..

Jede Buchstabentaste lässt sich zudem doppelt mit Apps belegen. Drückt man etwa wahlweise kurz oder lang auf das E, kann auf Wunsch zum Beispiel das E-Mail-Programm starten. Bei der Leertaste gibts vorkonfigurierte Auswahlmöglichkeiten, etwa um die Kamera auszulösen.

Die zwei Schwächen: Display und Kamera

Den «Foifer und s Weggli» gibts aber auch bei Unihertz nicht. Das Titan Pocket hat zwei klare Schwächen – eine konstruktionsbedingt, eine budgetbedingt. Starten wir mit dem Screen. Der ist fast quadratisch und misst gerade mal 3,1 Zoll. Der Bildschirm ist zwar fast so breit wie bei einem 5,5-Zoll-Gerät, aber dafür nur halb so lang.

Das bedeutet: Hochkant-Apps sind anständig benutzbar, man muss aber deutlich öfter scrollen. Sollte das irgendwie doch nicht aufgehen, dann kann man mit einer Zweifinger-Geste die App ganz darstellen. Dann hat man allerdings dicke Balken auf den Seiten, und das Ganze wird wirklich klein.

Videos sind auch nicht wahnsinnig toll. Denn egal ob hochkant oder quer, sie sind immer etwa gleich gross – nämlich so wie dieHochkant-Version auf einem normalen Handy. Richtig Spass macht der Medienkonsum nicht.

Die zweite Schwäche ist die Kamera. Weder die 16-Megapixel-Hauptkamera noch die 8-Megapixel-Selfiecam schiessen wirklich gute Bilder. Da gibts sicher bessere Handykameras in der Preisklasse von 200 bis 300 Franken. Um etwas als «Notiz» aufzunehmen oder etwas zu dokumentieren, reicht es, ein optisches Vergnügen sind die Fotos aber nicht.

Endlich wieder ein gutes Phone mit echter Tastatur

Zum Einsatz kommt der Helio P70 Prozessor mit 6 GB Arbeitsspeicher – in dieser Preisklasse ist das okay, Mühe hat der Prozessor nicht mit dem neusten Betriebssystem, nämlich Android 11. Auch die 128 GB Speicher sind sehr in Ordnung, erweiterbar sind die aber nicht. 5G gibts nicht, sondern nur 4G.

Der Akku ist mit 4000 mAh anständig gross, im Alltag wird er wohl zwei Tage halten. Dazu kommen zwei SIM-Karten. Und ja, das Titan Pocket hat sogar einen Kopfhörer-Anschluss, und man kann FM-Radio hören – so lange es das bei uns noch gibt. 

Welche Features in der Zukunft bei Android 12 kommt, das kann man hier nachlesen. Vielleicht bekommt ja auch das Titan Pocket dieses Upgrade.