Das Nothing ist zu Recht der Mega-Hype des Jahres

Endlich ist es da. Um das Nothing Phone (1) gabs einen riesigen Hype. Im ersten Hands-on muss sich das neue Handy für weniger als 500 Franken nun beweisen. Was schnell klar wird: Emotionen und Design sind wichtiger als die Technik.

TextLorenz Keller

Marketing beherrscht die Truppe um Nothing-Gründer und Ex-One-Plus-Chef Carl Pei. Das war schon bei den Kopfhörern Ear (1) vor einem Jahr so (den Test gibts hier). Beim ersten Smartphone der neuen Marke war das in den letzten Wochen nicht anders, inklusive einer exklusiven Preview in der Schweiz an der Art Basel (alles dazu hier in diesem Artikel). Nun konnten wir das Gerät erstmals kurz ausprobieren. Was schnell klar wird: Das Nothing ist zu Recht der Mega-Hype des Jahres.

Der Artikel hier basiert teilweise noch nicht auf finalen Informationen. Wir ergänzen laufend alle Details. Das Nothing kommt übrigens schneller als gedacht. Ab sofort kann man es vorbestellen – und schon am 21. Juli kommt es in der Schweiz in die Läden.

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Die Technik spielt beim Nothing Phone (1) nur eine Nebenrolle

Es ist schon ungewöhnlich in der Smartphone-Branche, wo so viel Wert auf Prozessorleistung, Kameraqualität oder Display-Features gelegt wird. Aber bei der englischen Marke Nothing ist das alles nicht so wichtig.

Daher war es auch kein Wunder, dass bei der Weltpremiere in der Schweiz auch nur das Design der Rückseite gezeigt wurde. In einem zweiten Schritt dann die LED-Lichter auf der Rückseite.
Die technischen Details zu Kameras, Prozessor oder Screen kamen erst am Schluss.

Das bedeutet auch: Wer primär auf die Specs und Features schaut, der wird sich kaum ein Nothing-Phone kaufen. Schon alleine weil das Gerät in der oberen Mittelklasse angesiedelt ist – auch preislich. Mit einem iPhone 13 Pro, einem Oppo Find X5 Pro oder einem Samsung Galaxy S22 Ultra kann das Phone (1) zumindest technisch nicht mithalten.

Das war und ist aber auch nicht die Idee, auch wenn das viele Fans gehofft hatten. Aber das ist dann halt auch der Nachteil des von Nothing angeheizten Hypes. Die Erwartungen gehen und gingen teilweise zu weit und teilweise in die falsche Richtung.

Das Nothing Phone (1), das kann man nach den ersten Tests bereits sagen, ist zwar ein preiswertes Smartphone, das für den Preis recht viel bietet. Die grosse Stärke sind aber der Look und das Feeling beim Benutzen.

Das Handy sieht anders aus, es fühlt sich gut an, es macht einfach Spass und gibt dem User ein gutes Gefühl. Man freut sich jedes Mal, wenn man es in die Hände nimmt. Und man hat immer den Eindruck, ein besonderes, sehr schickes, exklusives und spannendes Smartphone in den Händen zu halten. Auch wenn es dann im Endeffekt gar nicht so viel anders macht und kann wie die Konkurrenz.

Transparente Rückseite und witzige LEDs

Der grösste Kritikpunkt der Fans am Design: Das Nothing sieht aus wie ein iPhone. Tatsächlich ist das nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Form, die Anordnung und die Optik der Kameras bis hin zum flachen Screen – das erinnert etwa ans iPhone 12.

Aber: Dank der speziellen Rückseite ist das Phone (1) trotzdem unverkennbar. Und auch vorne wirkt das Nothing wie ein futuristisches iPhone, da die Notch fehlt und so der Rand rundherum wirklich überall gleich dick ist. Eine Symmetrie, die richtig gut aussieht.

Der Screen unterscheidet sich somit auch von den meisten Android-Geräten, bei denen oft der Rand unten sichtbar dicker ist.

Das Phone (1) gibts in Weiss und Schwarz. Beide haben ihren eigenen Reiz. Für den ersten Test haben wir ein schwarzes Gerät erhalten. Wichtig zu wissen: Das ist ein Pre-Production-Sample, das auch noch keine aktuelle Software drauf hat.

Die weisse Version ist etwas auffälliger, in Schwarz dagegen schaut man hin, dann wieder weg, stutzt kurz und wendet dann den Blick wieder hin zu den vielen Details. Die Rückseite ist transparent und fühlt sich extrem hochwertig an. Kein Wunder, sie ist ebenfalls aus Glas. Eingefasst wird das Ganze von einem mattgrauen Aluminium-Rahmen.

Wie bei einem modernen Auto sieht man zwar ins Innere, alle Bauteile sind aber schön abgedeckt. Am besten ist die Spule fürs drahtlose Laden erkennbar. Dann einige Schrauben, Konturen und wohl das gebogene Wärmeleitsystem.

Schön aufgeräumt wirkt es, man hätte gerne vielleicht sogar noch ein paar technische Details mehr gesehen. Aber es sieht schon sehr gut und besonders aus. Dazu kommen an verschiedenen Orten LED-Lichter. Rund um die zwei Linsen, zwei schräge Striche und nochmals eine Art grosses C rund um die Ladespulen.

Die LEDs sind übrigens nicht bunt, sie zeigen nur weisses Licht. Vorinstalliert sind Lichtsequenzen passend zu speziellen Nothing-Klingeltönen. Man kann aber auch alles automatisch zu abgespielter Musik blinken lasse. Und auf Wunsch zeigt das unterste Licht an, wie stark der Akku bereits geladen ist.

Gut genug zu einem fairen Preis

Das Nothing ist noch günstiger, als man ursprünglich dache. Das Phone (1) kostet mit 8 GB Arbeitsspeicher und 128 GB Speicher 449 Franken. Mit 258 GB Speicher sind es dann 479 Franken. Auch bewahrheiten sich die Gerüchte nicht, dass man bis im Herbst aufs Gerät warten muss. Pre-Order starten ab sofort, am 21. Juli kommt es in die Läden.

Als Prozessor kommt der Snapdragon 778+ zum Einsatz – das hatte bei Bekanntwerden zu Kritik geführt, viele Fans hatten sich das aktuelle Topmodell von Qualcomm gewünscht. Aber eben, in der Preiskategorie um 500 Franken ist das völlig okay und im Alltag gut genug, solange man keine High-End-Games zocken will.

Durchschnittlich ist der Akku mit 4500 mAH. Über die effektive Akkulaufzeit können wir noch keine Angaben machen, das müssen wir dann im Alltag ausprobieren. Mehr Effort hat Nothing in den Display gesteckt. Der 6,55 Zoll grosse OLED-Screen kommt mit einer 120-Hertz-Bildwiederholfrequenz, ist schön hell und sieht rundum hochwertig aus.

Drahtloses Laden ist möglich – zusätzlich gibts einen Fingerabdrucksensor unter dem Screen. Beides Features, die in diesem Preissegment nicht selbstverständlich sind. Unklar ist noch, ob es ein Rating für Wasser- und Staubfestigkeit gibt. Der Akku kann mit 45 Watt aufgeladen werden.

Überraschung bei Kamera und Betriebssystem

Das Handy kommt mit Android 12 als Basis, der Hersteller aus England hat sein «Nothing OS» draufgesetzt. Zwar wird nicht ganz «nothing» verändert, aber doch erfreulich wenig. Vieles erinnert an das pure Android, das man etwa auf den Pixel-Phones findet.

Wohltuend ist auch, dass keine sogenannte «Bloatware» vorinstalliert ist. Also Programme und Apps, die nicht zur Grundausrüstung gehören und womöglich noch nicht mal deinstallierbar sind.

Kleine Akzente setzt Nothing trotzdem: Etwa mit verschiedenen Widgets für Wetter und Uhrzeit in der Punkteschrift, die man bereits vom Markenauftritt her kennt. Lädt man das Gerät, erscheint oben eine Laufschrift mit Ladegeschwindigkeit und aktuellem Akkustand.

Und in einem speziellen Menüpunkt lassen sich die LEDs, die Glyph genannt werden, genau konfigurieren. So kann man etwa einen Zeitraum über Nacht definieren, während dem sie auf keinen Fall leuchten sollen.

Das Kamerasystem besteht «nur» aus zwei Sensoren. Die Konkurrenz baut da teilweise gerne noch ein oder zwei zusätzliche Linsen ein, die aber dann primär bei der Messung helfen.

Dafür gibts beim Phone (1) einen 50-Megapixel-Sensor, der im ersten kurzen Test mit Vorab-Software bereits überzeugen konnte. Knackige Fotos schiesst er – und auch der Nachtmodus ist richtig gut. Es deutet vieles darauf hin, dass die Hauptkamera mit den Flaggschiffen mithalten kann.

Das Weitwinkel mit ebenfalls 50 Megapixeln war dann nicht mehr ganz so überzeugend, und bei der Selfiecam mit ebenfalls 16 Megapixeln fehlt der 4K-Modus für Videos. Aber: Erst der detaillierte Test kann da mehr Aufschluss bieten.

Das Nothing ist zu Recht der Mega-Hype des Jahres

Der erste Eindruck nach dem Ausprobieren ist, dass das Phone (1) ähnlich wie die Kopfhörer nicht nur bei Design und Anmutung überzeugen können. Nothing liefert ein grundsolides Handy der oberen Mittelklasse mit einigen Features aus der Oberklasse.

Auch ohne Top-Design wäre das Gerät ein guter Deal für 500 Franken. Die Technik überzeugt, mit dem drahtlosen Laden, dem 50-Megapixel-Sensor und dem Fingerabdruck-Scanner unter dem Screen sind sogar Oberklasse-Features an Bord, welche in diesem Preisbereich nicht selbstverständlich sind.

Als Extra bekommt man noch die LED-Lichter auf der Rückseite, ein aufgeräumtes, fast pures Android-Erlebnis und das auffällige, aber sehr gefällige Design.

Schlussendlich läuft es darauf hinaus, ob man Freude am Konzept, an der Optik und an den Spielereien hat. Wer das toll findet, macht mit dem Phone (1) nichts falsch. Und auch wenn man den Hype übertrieben findet, sollte man das erste Phone von Nothing in die Überlegungen einbeziehen – sofern man ein gutes Smartphone im Preisbereich von 400 bis 600 Franken sucht.

Die Frage ist natürlich, ob sich auch die Handy-Nerds, die immer das neuste und beste Phone haben wollen, darauf einlassen. Denn rein technisch gibts von 800 bis über 1000 Franken sicher bessere Geräte. Aber keines kann momentan mit einem so frischen und neuen Look aufwarten.