Huawei gibt Vollgas mit edlem Klapp-Handy

Gleich zwei Top-Geräte bringt Huawei in die Schweiz. Das P50 Pro als Flaggschiff – und das ausgesprochen edle Klapphandy P50 Pocket. Was die Neuheiten bieten – und wo es Fragezeichen gibt.

TextLorenz Keller

Was für die Schweizerinnen und Schweizer neu ist, ist im Heimmarkt China ein alter Hut. Das P50 Pro hat Huawei dort bereits im August auf den Markt gebracht, das P50 Pocket ist auch schon seit Ende Dezember erhältlich. Erfreulich aber: Huawei gibt wieder Vollgas mit edlem Klapp-Handy.

Der übliche Huawei-Disclaimer zum Start

Ganz ehrlich: Die Experten waren sich in den letzten Monaten uneins, was die Ziele von Huawei in Europa sind. Kommt der Hersteller überhaupt noch mit neuen Phones – oder wird bei uns nur noch Zubehör wie Watches, Monitore, Lautsprecher und Kopfhörer veröffentlicht?

Nun ist klar: Trotz grosser Einbrüche bei den Marktanteilen gibt Huawei im Smartphone-Bereich nicht auf und bringt auch wieder Top-Geräte in die Schweiz. Allerdings ist der US-Wirtschaftsbann nach wie vor nicht gebrochen. Wer ein Huawei-Phone kauft, bekommt keine Google-Services.

Das ist ein Problem, wenn man die Google-Dienste bisher genutzt hat und nicht umsteigen will. Und es ist mühsam, weil man keinen Play Store hat, sprich bei jeder App schauen muss, ob man sie bei Huawei im Store oder direkt vom Anbieter laden kann.

Auch wichtig zu wissen: Mit Huawei gibts momentan bei uns kein 5G. Zwar haben es die Chinesen geschafft, dass sie wieder Chips des US-Herstellers Qualcomm nutzen können. Aber eben nur in 4G-Versionen und ohne den neusten Mobilfunkstandard. Das P50 Pro ist somit wohl das einzige Flaggschiff ohne 5G.

Wow, was für ein Design beim P50 Pocket

Der Vorteil, wenn wir die Einschränkungen schon abgearbeitet haben: Wir können uns auf die Stärken von Huawei konzentrieren. Denn wir erinnern uns: Mit Phones wie dem P30 Pro hat Huawei Apple und Samsung das Fürchten gelehrt – und war als Nummer 3 ganz dicht daran, die Konkurrenz auch verkaufstechnisch zu überholen.

Das P50 Pocket ist das erste kleine Falt-Phone von Huawei, das vom Konzept her ans Galaxy Flip von Samsung erinnert. Aber das P50 Pocket es ist das bisher wohl schickste Modell überhaupt.

Die Aussenseite ist texturiert: Beim weissen Modell sieht es etwas aus wie viele kleine Diamanten, das goldene Modell erinnert eher an ein Textil aus dem Interior-Design oder der Mode. Gelungen ist auch die Anordnung der Kameras und des Aussenscreens in zwei Kreisen. Ob das auch praktisch ist, wird der Alltagstest zeigen müssen.

Mit 190 Gramm ist das P50 Pocket übrigens relativ leicht und mit 15,2 Millimetern Dicke im gefalteten Zustand auch dünner als die Konkurrenzmodelle. Zudem faltet der Screen so, dass es keine Lücke zwischen den Screens gibt. Sie liegen flach aufeinander, das Phone ist zusammengeklappt überall gleich dick.

Bei Screen und Akku Spitze

Huawei überholt die Konkurrenz in zwei Bereichen. Klappt man das P50 Pocket auf, hat man einen sehr grossen 6,9-Zoll-Bildschirm im 21:9-Format vor sich. Die kleinen Faltphones von Samsung und Motorola bieten weniger. Eine variable 120-Hertz-Bildwiederholrate ist wie bei Z Flip 3 von Samsung Standard.

Auch beim Akku kann Huawei die Konkurrenz übertreffen: Die Batterie misst 4000 mAh, deutlich mehr als beim sonst sehr ähnlichen Samsung-Klappgerät. Erstaunlicherweise ist das P50 Pocket aber insgesamt kaum schwerer und wuchtiger.

Und mit 40 Watt lädt das Huawei auch so schnell wie kein anderes. Dafür muss man auf drahtloses Laden leider verzichten. Was im Alltag schmerzhafter ist: Eine Zertifizierung gegen Wasser und Staub wie bei Samsung bietet das P50 Pocket nicht.

Wie bewähren sich Mini-Screen und Kameras?

Das P50 Pocket setzt auf den Snapdragon 888 Chip mit 4G und 8 bis 12 GB RAM. Der Prozessor ist zweifellos sehr gut, aber halt «nur» das Top-Modell aus dem letzten Jahr. Huawei spendiert mindestens 256 GB Speicher, das ist doppelt so viel wie das Basis-Samsung.

Sehr klein ist der Aussenscreen beim Klapp-Phone von Huawei. Er misst gerade mal etwas mehr als 1 Zoll. Beim Flip hat man fast doppelt so viel Fläche, um Nachrichten oder die Uhrzeit anzuzeigen. Da wird der Test zeigen müssen, wie sehr das beim P50 Pocket ein Nachteil ist.

Unter anderem nutzt man ja den Aussenscreen dafür, damit man mit der Hauptkamera Selfies schiessen kann. Und das ist durchaus ein gewichtiges Argument für den Kauf eines Klapp-Handys.

Huawei setzt auf eine 40-Megapixel-Hauptkamera, eine Weitwinkel-Linse mit 13-Megapixel-Sensor und einen 32-Megapixel-Sensor, der mit zusätzlichen Daten hilft, die Bilder zu verbessern. Wie gut die Kombi ist, wird der Test zeigen. Sie ist sicher nicht ganz so gut wie im Flaggschiff – aber das ist auch bei der Konkurrenz so. Insgesamt gibt gibt Huawei ganz schön Vollgas mit edlem Klapp-Handy.

Das Flaggschiff aus dem letzten Jahr

Der grösste Trumpf im P50 Pro ist die Kamera: Laut dem renommierten Dxomark-Score ist das Huawei-Phone derzeit das beste Foto- und Videohandy auf dem Markt. Das ist doch mal eine Ansage – die wir natürlich dann selber ausprobieren wollen.

Die Chinesen setzen auf eine ungewöhnliche Sensorkombination: Und zwar wird der 50-Megapixel-Hauptsensor von einem zweiten Sensor mit 40 Megapixeln unterstützt. Der schiesst Schwarz-Weiss-Bilder, mit Hilfe der Software wird so das Beste bei Kontrast, Details, Tiefenschärfe etc. herausgeholt.

Dazu gibts eine Weitwinkeloptik mit 13 Megapixeln und ein Periskop-Zoom mit 64 Megapixeln und 3,5-facher optischer Vergrösserung. Weiterhin arbeitet Huawei mit dem Kameraspezialisten Leica zusammen. Die 13-Megapixel-Selfiecam ist daneben fast schon «langweilig» normal.

Sonst bekommt man bewährte Technik – halt alles aus dem letzten Jahr. Etwa der Snapdragon-888-Prozessor mit 4G, der ja bereits in ersten Konkurrenzmodellen von Snapdragon 8 Gen 1 abgelöst wurde, der vor allem effizienter arbeiten soll als der Vorgänger.

Alle Features, die man so im Alltag braucht

Was gibts sonst noch so im P50 Pro? Der 6,6-Zoll-Screen ist hochauflösend und bietet variable 120-Hertz-Bildwiederholfrequenz. 256 GB Speicher sind Standard – und die sind erst noch erweiterbar. Der Fingerabdruck-Scanner befindet sich unter dem Screen.

Der Akku misst 4360 mAh, ist also nicht besonders gross. Er kann mit 66 Watt geladen werden, drahtlos sind auf speziellen Ladepoints 50 Watt möglich. Das ist unglaublich schnell ohne Kabel.

Huawei ist übrigens eine der wenigen Brands, die noch ein Ladegerät mitliefern und sogar eine transparente Schutzhülle. Insgesamt also ein solides Paket, bei dem man nichts vermisst. Hier ist auch das Gehäuse gemäss iP68-Standard wasserfest, so wie das heute Standard ist.

Huawei gibt Vollgas mit edlem Klapp-Handy

Huawei zeigt also ein Falt-Phone mit toller Optik und schlankem Design und dazu ein Flaggschiff mit der vielleicht besten Kamera auf dem Markt. Beide Gerät haben aber die Technik aus dem Vorjahr drin. Sprich: Es kommt dann schon sehr darauf an, zu welchem Preis sie in der Schweiz auf den Markt kommen.

Erstaunlich erstens: Einen genauen Startermin gibts noch nicht. Huawei sagt: Erstes Quartal 2022 – und das bei nicht gerade topaktuellen Devices. Auch die Preise erstaunen. Das P50 Pro soll 1199 Franken kosten, das P50 Pocket in Premium Gold 1599 Franken.

Im Konkurrenz-Umfeld sind das happige Preise. Das Samsung Galaxy Z Flip 3 bekommt man inzwischen für unter 800 Franken. Bei den Flaggschiffen aus dem Vorjahr kostet das Samsung Galaxy S21 Ultra weniger als 1000 Franken. Das Oppo Find X3 Pro ist für 800 Franken erhältlich.

Dazu kommt: Die neuen Flaggschiffe von Oppo und Samsung kommen bereits in den nächsten Wochen und Monaten auf den Markt. Hier kann man dazu mehr nachlesen. Xiaomi hat seine Neuheiten bereits vorgestellt.