Lego bekämpft Nachahmer – noch nicht in der Schweiz
In Deutschland geht Lego gegen Hersteller und Händler vor, die ebenfalls Sets mit Klemmbausteinen herstellen. Schweizer Händler wie Galaxus werden bisher verschont. Die Fans sind über das Vorgehen von Lego geteilter Meinung.
Nicht nur Lego vertreibt sogenannte Klemmbausteine, die alle miteinander kombinierbar sind. Sondern auch eine grosse Zahl von alternativen Herstellern, viele davon aus China. Was genau erlaubt ist und was nicht, darüber gibts immer wieder Streit. Lego bekämpft Nachahmer – aber noch nicht in der Schweiz.
Lego lässt 13’000 Bausteine-Sets am Zoll blockieren
Momentan macht gerade ein Fall aus Deutschland Schlagzeilen. So hat Lego einen Schiffscontainer mit Qman-Sets am Zoll blockieren lassen. Insgesamt über 13’000 Schachteln mit Bausteinen des chinesischen Herstellers konnten nicht ausgeliefert werden.
Da der Importeur neben dem Shop «Steingemachtes» auch einen Youtube-Kanal mit immerhin 75’000 Abonnenten betreibt, hat er die Streitigkeiten öffentlich gemacht und sogar den Schriftwechsel der Anwälte publiziert. Die mehreren Videos zum Thema haben inzwischen über 1,5 Millionen Aufrufe.
Darum gehts im Streit: Seit über zehn Jahren sind die genoppten Plastikklötzchen von Lego markenrechtlich nicht mehr geschützt. Daher dürfen Konkurrenten ganz legal Klemmbausteine herstellen. Weiterhin geschützt sind natürlich das Logo und spezifische Sets. Inzwischen lassen die meisten Konkurrenten aber die Finger davon, auch weil Lego erfolgreich gegen plumpe Kopien direkt in China vorgegangen ist.
Was ebenfalls geschützt ist, sind diverse spezielle Steine und vor allem auch die Lego- und die Friends-Minifigur. Und genau darum dreht sich der Streit mit Qman. Um diese Mini-Figuren.
Nach einigem Hin und Her sind inzwischen über 11’000 Sets freigegeben worden. Bei den restlichen Kartons wird es entweder einen Vergleich oder eine gerichtliche Auseinandersetzung geben.
Rumoren in der Lego-Fanwelt
Daran haben wohl alle Seiten Interesse. Der Importeur, weil er rechtlich abgesichert weiter Ware einkaufen will. Hersteller Qman, weil das Unternehmen in Europa weiter wachsen will und gar in Deutschland einen eigenen Flagship-Store plant.
Und auch Lego hat ein Interesse daran, denn der Fall hat ziemlich Aufruhr verursacht. So haben andere Youtube-Kanäle wie «Held der Steine» gegen Lego Stellung bezogen. Und die erreichen ein Millionenpublikum im deutschsprachigen Raum. Zudem haben fast alle grossen Medien in Deutschland darüber berichtet.
Die Reaktionen der Fans sind durchaus gemischt. Viele äussern Verständnis dafür, dass sich eine europäische Firma gegen die Billig-Konkurrenz aus Asien wehrt. Und sie sind auch kritisch gegenüber der Darstellung, dass es sozusagen ein Kampf der Baustein-Davids gegen den Lego-Goliath ist.
Denn auch eine Firma wie Qman stellt über 15 Milliarden Steine im Jahr her und erreicht damit immerhin ein Viertel der Produktion des dänischen Originals.
Allerdings gibts auch eine riesige Solidarität mit dem deutschen Importeur. Eine wohltätige Spendenaktion, mit der Qman-Sets für benachteiligte Kinder gekauft werden sollen, erreichte eine halbe Million Euro. Und viele Fans kritisieren das Vorgehen von Lego und auch generell die Gestaltung der Sets sowie die Preispolitik.
Die alternativen Hersteller werden dafür gelobt, dass sie kreativ eigenständige Designs entwickeln, oft auch in Bereichen, die Lego gar nicht oder kaum abdeckt. Gerade auch für die vielen erwachsenen Fans von Baustein-Sets.
In der Schweiz sind die Sets weiter erhältlich
In den Schweizer Stores sind die kritisierten Sets von Qman mit den Mini-Figuren übrigens weiterhin problemlos erhältlich. Unter anderem bei Galaxus, wo die Alternativen sogar mit PR-Artikeln aktiv beworben werden.
«Lego hat unser Sortiment bisher nicht beanstandet», heisst es dazu beim Schweizer Online-Händler. Vielleicht auch, weil die Alternativen noch keine Chance haben gegen den Marktführer. «Unsere Kundinnen und Kunden interessieren sich vor allem für Lego-Sets. Mit grossem Abstand folgt Cobi in der Verkaufsrangliste, und der Rest unter ferner liefen.»
Und was sagt Lego dazu, dass dieselben Produkte, um die in Deutschland gestritten wird, hierzulande problemlos erhältlich sind? «Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns zu möglichen zukünftigen rechtlichen Schritten nicht äussern», schreibt das Presseteam des dänischen Herstellers.
Aber es wird auch klar gesagt: «Wir beobachten Nachahmer unserer Produkte weltweit, um sicherzustellen, dass unser geistiges Eigentum, einschliesslich unserer Marken-, Patent- und Urheberrechte, nicht verletzt wird.» Es könnte also durchaus sein, dass Lego auch in der Schweiz Nachahmer bekämpft.
Abmahnungen für Youtuber und Boykott-Aufrufe
Es wird mit harten Bandagen gekämpft. So hat auch Thomas Panke alias «Held der Steine» Abmahnungen von Legos Anwälten bekommen, weil er den Begriff «Lego» für andere Bausteine verwendet hatte. «Lego» sei aber kein Gattungsbegriff.
Der Held der Steine, der selber ebenfalls ein Spielwarengeschäft betreibt, bespricht im Gegenzug zunehmend kritisch Lego-Sets, vergleicht süffisant das Preis-Leistungs-Verhältnis mit der Konkurrenz und lästert über «Fanboys». Inzwischen hat er sogar zum Boykott aufgerufen.
Gerichtlich hat allerdings Lego gerade einen Erfolg vor dem europäischen Gericht erzielt, der auch gleich zeigt, wie komplex die Thematik ist. Und zwar hat Lego viele spezielle Steine als sogenannte «Geschmacksmuster» beim EU-Markenamt EUIPO registrieren lassen. Das kann man relativ einfach, und der Schutz ist so lange gültig, bis das jemand anfechtet.
Im Kern geht es immer darum, ob sich die Form aus der technischen Funktion ergibt.
Das kann man nicht schützen lassen. Oder ob da eben auch noch Design dahintersteckt.
Im Urteil geht es nun um einen Stein mit vier zentralen Noppen. Diesen hat Lego 2010 eintragen lassen. Ein Konkurrent hat das angefochten, in einem ersten Schritt hat daraufhin das EU-Markenamt EUIPO den Eintrag nach Prüfung wieder gelöscht.
Lego hat diese Entscheidung weitergezogen. Das erstinstanzliche Urteil sagt nun, dass das EUIPO die Sache nur unzureichend geprüft hat und neu entscheiden muss. Ein kleiner Erfolg für den dänischen Hersteller.
Lego bekämpft Nachahmer – noch nicht in der Schweiz
Der Krieg der Steine geht garantiert noch in viele weitere Runden. Denn einerseits stecken auf allen Seiten geschäftliche Interessen dahinter. Andererseits sind viele Fragen rechtlich noch nicht abschliessend geklärt worden.
Und man merkt auch, wie bei vielen Menschen die Emotionen hochgehen. Lego bewegt auch fast 90 Jahre nach dem Marktstart der ersten Bausteine immer noch. Das ist eine gute Nachricht für den dänischen Hersteller: Der Markenname ist noch stark, der Ruf gut. Umgekehrt ist das auch die grosse Gefahr, wenn sich gerade die Hardcore-Fans davon abwenden.
Ein fairer Wettbewerb tut allen gut. Alle Baustein-Produzenten profitieren vom System, das nun mal Lego populär gemacht hat. Und Lego hat eine Konkurrenz, welche die eigene Kreativität und Innovationskraft beflügelt.Die Popularität von Klemmbausteinen hilft auch, dass sich analoges Spielzeug gegen digitale Konkurrenten wie Gamekonsolen (hier etwa Google Stadia im Test) behaupten kann.
Update 1. April: Der Schweizer Klemmbaustein-Youtuber Thomas Affentranger (Steine Meister) hat noch auf einen Aspekt aufmerksam gemacht. In der Schweiz gibt es keinen 3D-Markenschutz, darum dürfte das hier mit den Sets von Qman und anderen Herstellern weniger ein Problem sein.