Wie viel Gadget steckt im Elektro-Mazda?

Wie ein normales Auto, einfach mit einem E-Motor statt eines Verbrenners. Das Konzept des Mazda MX-30 ist vernünftig – aber wie sieht das im Alltag aus? Und wie viel Gadget-Features hat so ein normales Auto?

TextLorenz Keller

Pros

  • Hochwertige Verarbeitung, schickes Design
  • Einfach und intuitiv bedienbar
  • Viele kleine technische Highlights
  • Agiles Fahrverhalten
  • Gegenläufige Türen als Hingucker

Cons

  • Nur 200 km Reichweite
  • Verschenkter Platz unter der Haube
  • Mini-Fenster für Passagiere auf dem Rücksitz

Mazda macht beim ersten Elektroauto der Marke alles etwas anders – und das hat Vor- und Nachteile, wie der Alltagstest zeigt. Toll ist, wie viel kleine Gimmicks und Features auch in einem sonst so auf «normal» getrimmten Fahrzeug eingebaut sind. Aber wie viel Gadget steckt im Elektro-Mazda?

Normales Auto, sehr coole Türen

Starten wir mit dem, was den Tech-Journalisten am Testwagen fasziniert, der uns von der Mazda-Garage Aerni AG Automobile in Safenwil zur Verfügung gestellt wurde. Optisch sind es die runden Rückleuchten, die ein bisschen wie Düsen aussehen.

Ein Hingucker sind auch die hinteren Türen, die nicht normal öffnen, sondern «verkehrt». Gegenläufige Türen nennt man das, wenn sie hinten angeschlagen sind und auch gegen hinten aufgehen. Man hat also keine dicke Säule zwischen Fahrer und Beifahrer und den Passagieren auf der Rückseite.

So schafft Mazda mit wenig Platz eine recht grosse Einstiegslücke. Und es sieht einfach cool aus und begeistert sofort jeden, der das Auto sieht. Allerdings: Gross ist der Bereich zum Einstieg auf die Rücksitze nur im Verhältnis zum vorhandenen Platz, nicht im Vergleich zu anderen Autos.

Erwachsene müssen also etwas klettern, um hinten einzusteigen. Der Platz ist dann okay, leider gibts nur kleine Fensterchen, die man nicht mal öffnen kann. Und auch die hinteren Türen kann man nur aufmachen, wenn man die vorderen geöffnet hat. Dafür lassen sie sich auch in kleinen Parklücken ganz aufmachen.

Intelligente Helfer, aber total unaufdringlich

Bei den Türen wählt Mazda also eine auffällige, sehr coole, aber im Alltag nicht immer praktische Lösung. Bei der Technik sonst ist es gerade umgekehrt. Wer von einem Benziner oder Diesel umsteigt, wird sofort mit dem MX-30 klarkommen.

Statt eines fancy Riesen-Touchscreens, auf dem alles bedient wird, setzt der japanische Hersteller auf viele Hebel und Knöpfe und zwei kleinere Screens: einen 7-Zoll-Touchscreen für die Klimaanlage und ein 8,8-Zoll-Screen für Multimedia und Rundum-Kameras. Eigentlich gibts ja nochmals einen 7-Zoll-Screen für Tacho und Instrumente, den nimmt man aber gar nicht so richtig als Bildschirm wahr.

Man kann also in den Mazda einsteigen und ohne komplizierte Anleitung sofort losfahren. Alles ist so, wie man sich das gewohnt ist. Und im Alltag ist manchmal die «alte» Technik auch deutlich praktischer. So ist der Lautstärke-Drehregler in der Mittelkonsole einfach praktisch.

Aber: Mazda hat dank Sensoren und Kameras rund ums Auto alle digitalen Helfer eingebaut, vom Notbremsassistent für Fussgänger oder Querverkehr bis zur Verkehrszeichenerkennung. Angenehm ist, wie clever die Assistenz-Systeme eingesetzt werden.

Fährt zum Beispiel auf der Autobahn ein anderes Fahrzeug im toten Winkel, dann wird das auch im Head-up-Display optisch angezeigt. Also dort, wo man normalerweise immer hinsieht.

Wenn man rückwärts aus einer Parklücke fährt, dann hat man dank 360-Grad-View die perfekte Übersicht. Läuft nun ein Fussgänger durch, erkennt das der MX-30 und weist einen akustisch und optisch auf die potenzielle Gefahr hin. Etwas, das im Alltag wirklich nützlich ist und immer wieder vorkommt.

Das Smartphone als erweitertes Auto

Was auch gut gefällt, ist die Einbindung der gewohnten Apps ins Auto. Man kann also einfach sein Android-Telefon oder iPhone via USB-Kabel mit dem Mazda verbinden – und schon lässt sich Android Auto oder Apple Carplay nutzen. Das funktioniert einfach und unkompliziert.

Das Handy übernimmt damit sozusagen das Multimediasystem und das Navi des Mazda. Auf dem Screen sieht man das Interface von Google oder Apple mit allen kompatiblen Apps. Die lassen sich dann mit dem Drehknopf des MX-30 gut bedienen – auch wenn dafür ein Touchscreen natürlich besser wäre.

Aber man kann auch direkt auf dem Handy Dinge einstellen, etwa eine Navi-Route – die wird dann 1:1 übernommen von Android Auto oder Apple Carplay. Praktisch halt, weil man seine Favoriten, seine Einstellungen und alle wichtigen Funktionen vom Smartphone auch im Auto immer dabeihat.

Und ja: Wie so oft wirken die Systeme der Handyhersteller etwas moderner als die, die schon von Anfang an im Auto installiert sind.

Übrigens hat auch Mazda eine eigene App, die sich mit dem Auto koppeln lässt. So sieht man jederzeit und von überall den Ladestand, Reifendruck und sogar, ob noch eine Türe offen ist. Zudem kann man die Heizung einschalten – auch an den Scheiben – oder das Auto auf eine angenehme Temperatur herunterkühlen, so lange es noch an der Steckdose hängt.

Bei einem Gadget auf vier Rädern sind ja noch andere Aspekte entscheidend. Wer sich nicht mit dem Thema beschäftigen will, kann den Elektro-Mazda wie ein konventionelles Auto mit Automatikgetriebe fahren. Nur dass man halt statt Benzin oder Diesel Strom auffüllen muss – aber sogar der Tankdeckel ist dort, wo man ihn erwartet.

Im Alltag freut man sich über das starke Drehmoment beim Anfahren und Beschleunigen. Man hat halt bei einem Elektromotor sofort die volle Power zur Verfügung, und das System muss keine Gänge schalten. Was man beim MX-30 auch gut sieht: So ein bescheidener 107-kW-Motor (147 PS) reicht vollkommen aus.

Das Fahr-Feeling ist agil und spritzig. Dass man «nur» 140 km/h fahren kann, spielt ja bei uns keine Rolle. Viel wichtiger ist, wie leise es im Innenraum ist und wie entspannt man von A nach B fahren kann. Der MX-30 rauscht ganz sanft, fast wie ein Raumschiff.

Mit 200 km Reichweite muss man klarkommen

Mit einer Entscheidung von Mazda muss man als Käufer leben: Der Hersteller hat nur eine 35,5-kWh-Batterie eingebaut. Das hat Vor- und Nachteile. Die Reichweite ist auf 200 Kilometer beschränkt, in der Praxis bei den Herbsttemperaturen waren es 160 bis 180 Kilometer.

Schweizerinnen und Schweizer fahren 40 bis 50 Kilometer täglich im Durchschnitt. Wer also zu Hause über Nacht laden kann, der hat im Alltag kein Problem. Für die Fahrt ins Tessin muss man dann halt je nachdem einen Ladestopp einplanen.

Klar ist aber auch: Wer regelmässig längere Strecken fährt, der gehört nicht zur Zielgruppe des MX-30. Vielleicht dann, wenn nächstes Jahr eine Version mit Range-Extender kommt. Ein kleiner und sparsamer Wankelmotor kann dann die Batterie zusätzlich laden, wenn man keine Zeit für einen Stopp hat. Das ist wohl auch der Grund, warum Mazda im halb leeren Motorenraum viel Platz verschenkt und keinen zusätzlichen Stauraum eingebaut hat.

Die Beschränkung auf einen kleinen Akku hat auch Vorteile: So ist er nur 300 Kilogramm schwer. Weniger Gewicht bedeutet weniger Verbrauch und mehr Agilität auf der Strasse. Zudem verbraucht eine kleine Batterie natürlich auch bei der Herstellung viel weniger Ressourcen.

Leider ist der MX-30 aber insgesamt nicht wirklich sparsam. 19 kWh verbraucht der Mazda gemäss Datenblatt. Erfreulicherweise ein sehr realistischer Wert im Alltag. Allerdings ist der Verbrauch nicht signifikant tiefer als bei vergleichbaren Elektroautos mit grösserer Batterie.

Elektroauto-Leben macht Lust

Für die grosse Mehrheit der Autofahrerinnen und Autofahrer ist ein Elektroauto ja etwas ganz Neues – auch für den Tester. Was man schnell merkt: Zu Hause in der Nacht laden ist eigentlich ein Muss, gerade wenn man nicht die grösste Reichweite hat. An der Haushaltssteckdose dauert das über 15 Stunden, an einer Wallbox 5 bis 8 Stunden.

Unterwegs gibts natürlich auch Schnelllader, dort dauert das Auffüllen von 0 auf 100 Prozent rund eine Stunde. Zwei gängige Ladekabel werden mitgeliefert: Typ 2 oder AC sowie CCS Combo oder DC. Damit kann man eigentlich an jeder Ladestation in Europa Strom tanken.

Erfreulich ist natürlich auch der Blick auf die laufenden Kosten: Nicht nur geht man davon aus, dass Unterhalt und Service bei einem Elektroauto deutlich geringer sind als bei einem Verbrenner. Auch beim Tanken spart man: Für 100 Kilometer Reichweite haben wir am Schnelllader rund 7 bis 8 Franken bezahlt. Zu Hause könnten es je nach Stromtarif auch nur 4 Franken sein. Zum Vergleich: Mit einem Benziner oder Diesel würde man eher 13 bis 14 Franken für 100 Kilometer Reichweite zahlen.

Und das Tanken auswärts macht Frust

Allerdings: Auswärts Strom nachfüllen ist komplizierter. Nehmen wir zum Beispiel das Stadtgebiet von Winterthur. Es gibt zwar inzwischen 15 öffentliche Ladestationen im Vergleich zu 20 normalen Tankstellen.

Doch die Stromtankstellen sind ganz unterschiedlich schnell. Manche laden mit 22 kW, andere mit bis zu 100 kW. Zudem stehen viele in Parkhäusern von Shoppingcentern oder auf kostenpflichtigen Parkplätzen. Was nur ideal ist, wenn man dort zufälligerweise auch gleich einkauft.

Oft kann man zwar ganz einfach mit Kreditkarte die Ladesäule freischalten, auf die Dauer lohnt es sich aber, sich kostenlos einem oder mehreren der Lade-Netzwerke anzuschliessen. Dann kann man mit App oder spezieller Zahlkarte tanken.

Der Vorteil: Man sieht schon von unterwegs, ob eine Ladesäule noch frei ist. Und manche kann man gar über die App reservieren. Leider ist je nach Region ein Anbieter deutlich stärker vertreten als der andere – obwohl alle nicht nur die eigenen Säulen im Angebot haben, sondern auch jene von Partner-Netzwerken.

Es ist aber einfach kompliziert und mühsam. Wer über das Autonavi oder Google Maps eine Ladesäule sucht, muss dann zuerst herausfinden, ob man mit der installierten App laden kann.

Verwirrend auch die Preise: Nicht, weil der Preis pro Kilowattstunde ähnlich wie beim Benzin von Ladestation zu Ladestation unterschiedlich sein kann. Nein: Es gibt auch noch Rabatte für Mitglieder und oft eine Kombination aus Kosten pro kW/h, pro Minute an der Ladestation und noch eine Startgebühr. Zudem zahlt man teilweise auch noch pro Minute, die man an der Ladestation steht, nachdem der Ladevorgang fertig ist.

Wie viel Gadget steckt im Elektro-Mazda?

Natürlich ist das alles kein Problem von Mazda allein, sondern der gesamten Branche. Aber gerade wer sich nicht nur an Stromer-Fans richtet, sondern an die Durchschnitts-Fahrerin oder -Fahrer, der leidet natürlich besonders an diesen abschreckenden Tatsachen.

Immerhin: Es gibt inzwischen erstaunlich viele Ladesäulen, und mit der App kann man meist auch im europäischen Ausland Strom beziehen. Und wer zu Hause einen Stromanschluss hat, muss vielleicht fast gar nie mehr auswärts Power tanken.

Und insgesamt ist Elektromobilität attraktiv, wie man am Beispiel des MX-30 sieht – die tiefen Kosten, das dynamische Fahrverhalten und die moderne Vernetzung des Autos.

Mazda liefert sein Elektroauto zum fairen Preis aus: 38’000 Franken kostet das kleine SUV. Für knapp 44’000 Franken erhält man die Vollausstattung mit allen Helfern und Features. 

Übrigens: Über eine andere Art von E-Mobilität kann man sich in diesem Artikel informieren – wir haben den E-Roller von Yadea getestet.