Ist das schicke neue Fairphone immer noch fair?

Modernes Design, viele Features – und trotzdem soll das Fairphone 4 immer noch nachhaltig sein. Was das faire Smartphone bietet und was nicht.

TextLorenz Keller

Punkto Nachhaltigkeit haben Smartphones keinen guten Ruf – teilweise zu Recht. Sie sind ein Konsum- und teilweise Wegwerfprodukt, brauchen aber seltene Rohstoffe, die unter umstrittenen Bedingungen abgebaut werden. Das Fairphone will anders sein, nämlich so transparent, fair und nachhaltig wie möglich. Bislang war das Gerät primär etwas für Idealisten, das könnte sich nun ändern. Aber: Ist das schicke neue Fairphone immer noch fair?

Endlich ein anständiges Design

In den ersten drei Generationen sah das Fairphone langweilig und veraltet aus. Wer so ein Telefon kaufte, tat das aus Überzeugung und nicht weil er das Smartphone an sich toll fand. Das könnte sich nun ändern.

Denn mit seinen drei Kameras im Dreieck angeordnet, dem modernen Design und dem 6,3-Zoll-Screen sieht das Fairphone richtig anständig aus. Und ja, gerade in Grün ist das Gerät auch ein Statement.

Das sollte man in Zeiten von Tesla und Co. gelernt haben: Nachhaltige Trends müssen sich nicht verstecken. Besonders lässig sieht die Rückseite aus recyceltem Kunststoff in gesprenkeltem Grün aus. Leider gibts diese Version nur bei Fairphone direkt im Shop.

Allerdings ist es mit 10,5 Millimetern im Vergleich zur Konkurrenz recht dick und mit 225 Gramm auch ziemlich schwer. Ganz so elegant wie ein konventionelles Phone in der oberen Mittelklasse ist das Fairphone 4 dann doch nicht. Aber schon deutlich näher dran als beim Vorgänger.

Nicht günstig, aber mit 5G und vielen Features

Mindestens 560 Franken zahlt man fürs Fairphone bei uns im Handel. Das sind rund 50 Franken mehr als bei der dritten Generation. Technisch darf man keine Wunder erwarten, muss aber auch keine extremen Abstriche machen.

Als Prozessor kommt der Snapdragon 750G mit 6 oder 8 GB Arbeitsspeicher zum Einsatz. Dazu gibts 128 oder 256 GB Speicher. Der grosse Vorteil: Der bewährte Prozessor unterstützt auch 5G, und so ist man auch wirklich für die Zukunft gerüstet. Die Idee des Fairphone ist ja unter anderem, dass man nicht alle zwei Jahre ein neues Gerät kauft. Dazu zählt auch, dass das Handy die eSim unterstützt.

Fingerabdruckscanner an der Seite und USB-C zum Laden sind auch Standard, der Akku misst nur knapp 4000 mAh. Bei der dicken Bauweise hätte man sich da etwas mehr gewünscht.

Immerhin kann man den selber schnell austauschen, wie das früher Standard war. Trotz abnehmbarer Rückwand erreicht das Fairphone 4 übrigens das iP54-Rating, es ist also gegen Spritzwasser geschützt.

Überzeugend ist dafür das Kamerasystem: Hier kommen zwei 48-Megapixel-Sensoren zum Einsatz – für normale Fotos und für Weitwinkel. Dazu kommt die Selfiecam mit 25 Megapixeln. Hier muss man fast keine Abstriche machen.

Was fehlt, ist drahtloses Laden, und das immerhin helle Display hat nur eine Bildwiederholrate von 60 Hertz.

Wie fair und nachhaltig ist das schicke Fairphone?

Das zentrale Thema ist aber nicht die Technik, sondern die nachhaltige und faire Bauweise. Und das ist durchaus auch ein Feature. So bietet Fairphone fürs neue Modell fünf Jahre Garantie und auch genauso lange regelmässige Android-Updates.

Momentan läuft das Fairphone auf Android 11, auch die Versionen 12, 13, 14 und 15 soll es noch bekommen. Zu hoffen bleibt, dass das der Prozessor aus dem letzten Jahr auch mitmacht bzw. sich in fünf Jahren mit neuem Android das Gerät noch sinnvoll nutzen lässt.

Denn den Prozessor kann man nicht austauschen, viele andere Bauteile sind einfach auswechselbar. Da nichts verklebt ist wie bei allen anderen Smartphones, kann man das auch selber mit einem einfachen Kreuzschlitz-Schraubenzieher machen.

Dank des modularen Aufbaus kann man Display oder Kamera und natürlich auch den Akku ganz einfach ersetzen, wenn trotzdem mal etwas kaputt gehen soll. Vorbildlich sind die tiefen Preise. Der Akku kostet knapp über 30 Franken, die beiden Hauptkameras 85 Franken.

Nachhaltig ist das Fairphone also, weil es auf eine lange Lebensdauer ausgelegt ist. Dazu kommen eine möglichst ressourcenschonende Bauweise, etwa mit einem zertifizierten Alu-Gehäuse oder der Rückseite aus 100 Prozent Recycling-Plastik.

Schwieriger ist das bei anderen Rohstoffen. So setzt Fairtrade zwar erstmals auf Fairtrade, mit Kobalt und Lithium sind die Akkus allerdings noch konventionell. Die Hersteller sind da auch ganz transparent. Sie arbeiten daran, auch das aus fairem Handel zu beziehen, das ist momentan aber einfach gar nicht möglich.

Zu guter Letzt bietet Fairphone auch faire Arbeitsbedingungen, auch in den Produktionsstätten in China, wo das Gerät wie fast alle anderen Smartphones auch hergestellt wird.

Ist das schicke neue Fairphone immer noch fair?

Tatsächlich schafft das Fairphone in der vierten Generation den Spagat. Es wird so nachhaltig und fair produziert, wie das zu einem einigermassen marktkompatiblen Preis möglich ist. Logisch ist das neue Phone nicht billig, aber auch nicht so teuer, dass es dann doch niemand kauft.

Der Aufpreis für die nachhaltige und faire Produktion ist für die Konsumenten moderat. Und auch technisch und beim Design hat Fairphone Fortschritte gemacht.

Im Test wird sich dann das Fairphone erst noch beweisen müssen, etwa wie gut die Kameraqualität wirklich ist. Denn bei den ersten Vorseriengeräten, die einige Medien ausprobieren durften, war noch nicht die definitive Software installiert.

Was übrigens sonst noch auf dem Android-Smartphone-Markt aktuell ist, kann man hier nachlesen.