Dieser Projektor ist besser als jeder TV
Der Ultrakurzdistanz-Beamer Xgimi Aura 4K bietet ein fast vier Meter grosses Kinobild fürs Wohnzimmer. Dabei steht er direkt an der Wand. Funktioniert das wirklich gut?
Pros
- Kino-Feeling im Wohnzimmer
- Tolle Tonqualität
- Einfache Bedienung
- Braucht weniger Platz als TV
- Leichter verschiebbar als TV
Cons
- Netflix läuft nicht direkt als App
- Braucht möglichst ebene Wand
- Wenig Bildkorrektur-Möglichkeiten
Beamer waren bei Kinofans immer schon beliebt. Bei älteren Modellen brauchte es aber eine gute Leinwand, man musste verdunkeln und das Wohnzimmer umstellen. Denn der Projektor musste mehrere Meter weg von der Leinwand in passender Höhe stehen – und mit Soundanlage und Player verkabelt werden. Mit dem Xgimi Aura 4K ist alles anders. Dieser Projektor ist besser als jeder TV.
Home-Kino auf einer 3,5-Meter-Leinwand
Zuerst einmal muss man bei einem Ultrakurzdistanz-Projektor alles vergessen, was man über Beamer zu wissen glaubt. Denn der Xgimi Aura 4K wird direkt an die Wand gestellt. Und zwar maximal 44 Zentimeter entfernt. Mit der Entfernung zur Wand oder Leinwand reguliert man die Grösse des Bilds.
Im Maximum gibts Kinofeeling mit 3,8 Metern Durchmesser. Da braucht man schon ganz schön viel freie Fläche – die Wand muss 3,3 Meter breit und 1,86 Meter hoch sein. Stellt man das Gerät in 30 Zentimetern Entfernung auf, dann sind es immer noch drei Meter Bilddiagonale. Und mit rund 20 Zentimetern hat man 100 Zoll oder 2,5 Meter.
100 Zoll sind die grössten überhaupt erhältlichen Fernseher auf dem Markt. Und die kosten alle weit über 10’000 Franken. Da ist der Xgimi Aura zu Preisen ab rund 2200 Franken geradezu ein Schnäppchen dagegen.
Wichtig auch zu wissen: Je kleiner das Bild, desto heller und qualitativ besser wird es. Bei 100 Zoll hat man fast schon das Gefühl, ein TV-Screen sei direkt in die Wand eingebaut. Da ist das Feeling sehr ähnlich.
Das kleinstmögliche Bild sind übrigens 80 Zoll – auch das ist noch ein gigantischer Fernseher. Dann steht der Projektor nur 11 Zentimeter von der Wand weg.
Installation ganz einfach – aber anders
Im Test haben wir den Projektor zum Start einfach mal auf den Boden gestellt. Ein Stromanschluss reicht im Prinzip, da der Aura alles eingebaut hat, was man sonst so braucht. Klein und handlich ist er nicht – das Gadget wiegt 15 Kilogramm, ist 60 Zentimeter breit und 40 Zentimeter tief.
Dann gehts los: Einfach einschalten und zuerst einmal über das riesige Bild an der Wand erschrecken. Danach muss man den Beamer kurz konfigurieren. Er läuft mit Android TV, es braucht also ein Google-Login, um ihn sinnvoll nutzen zu können.
Danach hat man eine gewohnte Smart-TV-Oberfläche vor sich, einige Apps wie Youtube sind schon vorinstalliert, die anderen kann man sich aus dem Playstore holen. Das ist komfortabel, da man so direkt Streamingdienste nutzen kann. Entweder über WLAN oder auch über ein Netzwerkkabel.
Schade einzig, wird Netflix nicht unterstützt. Man kann die App zwar runterladen und aufstarten. Die Menüs und Vorschauen werden angezeigt. Wenn man eine Serie oder einen Film starten will, gibts aber eine Fehlermeldung, und nichts geht.
Ein verbreitetes Problem bei Beamern mit Android TV, nicht nur Xgimi ist betroffen. Der Hersteller sagt, er verhandle mit Netflix. Aber eine einfache Lösung gibts scheinbar noch nicht. Wer also Netflix nutzen will, kann übers Handy auf den Beamer streamen. Oder man hängt einen Apple TV, eine Spielkonsole oder eine andere Smart-TV-Box via HDMI an den Aura. Auch ein spezielles Aufspielen der Netflix-App sollte funktionieren, ist aber eher etwas für fortgeschrittene User. Hier kann man nachlesen, wie das geht.
Wow-Effekt auch auf einer schlechten Wand
Je besser die Wand oder Leinwand, desto besser ist das 4K-Bild, welches der Beamer liefert. Weiss und glatt ist schon mal ein guter Einstieg. Noch besser ist eine Leinwand, die aber schnell ein paar Hundert Franken kostet. Hier gibt es ausrollbare oder aber fixe, die wie ein Bild an der Wand fixiert werden. Hohe Qualität kostet da schnell gegen 1000 Franken – dafür hat man dann wirklich Kinoqualität zu Hause.
Braucht es das? Das kommt auf die Anforderungen drauf an. Wir haben den Beamer auf einer normalen weissen Wand mit körnigem Verputz genutzt. Also wirklich alles andere als ideal.
Trotzdem: Das Bild ist beeindruckend und reicht im Alltag gut aus. Und ja, Kinofeeling kommt auf dem Sofa auch auf. Wer von der drei Meter Leinwand nachher wieder auf einen 55 Zoll Fernseher zurückgeht, kann gar nicht glauben, wie klein der eigentlich ist. Der Projektor ist halt schon beeindruckend im Vergleich zu einem TV.
Nutzbar im Alltag wie ein Fernseher
Das Tolle am Xgimi Aura. Er lässt sich wie ein normales TV-Gerät nutzen. Das Aufstarten dauert zwar mit 12 Sekunden etwas länger als bei einem Fernseher. Aber nicht unangenehm lang – und vor allem nicht so lang wie bei vielen anderen Projektoren.
Und auch die Helligkeit mit bis zu 2400 ANSI-Lumen reicht aus, dass man auch problemlos bei Tageslicht etwas schauen kann. Zudem kann man den Projektor dort hinstellen, wo auch ein TV stehen würde. Spielkonsolen oder Player lassen sich problemlos anschliessen.
Ein kleines Sideboard reicht – es sollte allerdings genug Tiefe haben. Will man das Maximum an Bildgrösse, stellt man den 40 Zentimeter tiefen Aura 44 Zentimeter von der Wand weg. Das Möbel sollte also sicher 80 Zentimeter tief sein – oder man stellt es etwas von der Wand weg.
Da der Projektor an der Wand steht, läuft auch niemand ins Bild rein. Und sollte ein Haustier oder ein Kind trotzdem mal neugierig sein, dann erkennt das der Beamer und schaltet die Laserprojektion auf ungefährliche Stärke herunter und warnt die User.
Sehr toll ist, dass in den Xgimi Aura gleich ein hochwertiges Lautsprechersystem von Harman Kardon mit vier Lautsprechern eingebaut ist. DTS Studio Sound und Dolby Audio werden unterstützt. Was fehlt, ist ein eArc- HDMI-Anschluss, um unkompliziert ein externes Soundsystem anzuschliessen. Dafür müsste man den optischen Ausgang nutzen.
Für Einsteiger ideal, für Profis zu wenig Funktionen
Weitere Vorteile, die man als TV-Nutzer sieht. Man hat im Wohnzimmer plötzlich mehr Weissfläche und nicht mehr grosses schwarzes Loch, wenn der Fernseher nicht läuft. Allerdings braucht es halt auch eine freie Wandfläche, ausser man installiert eine rollbare Leinwand, die vor Bildern oder Dekoration herunterfährt – oder sogar vor einem Möbel.
Der Beamer lässt sich auch leichter als ein TV an einen anderen Ort verstellen. Zur Not auch mal irgendwohin mitnehmen. Weil eben alles schon integriert ist und weil man die 15 Kilo auch gut alleine tragen kann – ein 55 oder 65 Zoll grosser Fernseher ist da deutlich mühsamer.
Gerade Heimkino-Profis werden aber in anderen Bereichen nicht zufrieden sein: So bietet eine 8-Punkte-Trapez-Korrektur an, um das Bild auf die Wand auszurichten. Viel mehr aber auch nicht. Meist ist es effektiver, das Gerät selber richtig hinzustellen.
Auch die Farb-Kalibrierung ist nicht so umfassend, wie sich das Experten wünschen würden. Für Einsteiger ist etwas mühsam, dass der «Movie»-Modus eigentlich ein heller Alltagsmodus ist, während von den anderen Modi eigentlich nur «Game» noch wirklich Sinn macht, weil hier die Latenz verkürzt wird. Damit Befehle mit dem Controller auch wirklich sofort auf der Wand zu sehen sind.
Man muss also selber manuell gewisse Einstellungen machen, gerade für den Heimkino-Fall – also für abgedunkelte Räume, wo man höchste Qualität will, aber nicht unbedingt volle Helligkeit braucht.
Dieser Projektor ist besser als jeder TV
Mit rund 2200 Franken kostet der Xgimi Aura so viel wie ein sehr guter und grosser Fernseher. Er macht aber garantiert noch viel mehr Spass. Natürlich richtet sich der Projektor nicht an Leute, bei denen der TV viel so nebenbei läuft. Bei so einem Riesenbild ist das kaum möglich.
Aber auch den Home-Cinema-Profis, die sich ein eigenes kleines Kino mit aufwendiger Soundanlage zu Hause einrichten, werden einige Features fehlen.
Der Beamer richtig sich eher an Nutzer, die wirklich bewusst Serien und Filme schauen. Und die sich darüber freuen, dass jede Minute in Kino-Grösse halt zu einem kleinen Event wird. Ein Film auf 3,5 Metern Diagonale macht halt einfach doppelt so viel Spass wie im normalen Fernsehen.
Fussballspiele werden zum Public Viewing, Zocken auf der Playstation oder Xbox wird zum Gaming-Event. Und da man keinen Zusatzaufwand im Vergleich zum Fernseher hat, dürfte der Projektor einem auch nicht so schnell verleiden.
Ein Beispiel für einen guten, grossen und soundgewaltigen Fernseher findet man hier: Der Test des TCL C82. Und alles zur neuen TV-Technik Mini-LED kann man hier in diesem Artikel nachlesen.