Billiges Handy? Geheimtipps von Nokia und Wiko im Vergleich

Ein Handy für rund 200 Franken. Und dafür möglichst viel Leistung erhalten. Das versprechen die zwei Rivalen Nokia 5.4 und das Wiko View 5 Plus. Wir vergleichen sie und sagen, wo man mehr fürs Geld kriegt.

TextLorenz Keller

Ein Fazit unseres Vergleichs kann man hier schon mal vorwegnehmen. Es ist erstaunlich, wie gute Smartphones man heute für 200 Franken erhält. Im Alltag wird man damit problemlos klarkommen, die gängigen Apps nutzen können – und ein wenig Spass machen sie auch. Billiges Handy? Wir lassen zwei Geheimtipps von Nokia und Wiko zum Vergleich antreten.

Zum einen das Nokia 5.4, das gerade erst auf den Markt gekommen ist und das wir hier bereits schon einmal kurz angetestet hatten. Dazu kommt das View 5 Plus der französischen Marke Wiko, das seit dem Herbst erhältlich ist. Wir lassen die zwei günstigen Einsteigergeräte in allen relevanten Kategorien gegeneinander antreten.

Preis: Das teuerste Wiko gewinnt

Wichtig in dieser Kategorie ist der Preis. Und da hat Wiko die Nase vorne, obwohl das View 5 Plus das teuerste Smartphone ist, das der Hersteller momentan überhaupt anbietet. Am Stichtag gabs das Gerät für knapp 180 Franken im Handel.

Beim Nokia 5.4 sind es rund 215 Franken. Die Differenz ist klein, und sie dürfte sich noch weiter verkleinern, da nach dem kürzlichen Marktstart der Preis des Nokia stärker fallen dürfte, während das Wiko schon günstig ist. Erstaunlich bei beiden Geräten: Für den Preis gibts 128 GB Speicher, bei beiden ist er erweiterbar, und es hat noch Platz für zwei SIM-Karten.

Design: Nokia ist etwas moderner

Beide Smartphones haben eine Kunststoff-Rückseite, die sich aber nicht wie Plastik anfühlt, sondern erstaunlich hochwertig. Zudem sind die günstigen Handys tadellos verarbeitet. Und ja, sogar recht modisch. Beim Nokia schimmert die Rückseite dunkelviolett, beim Wiko in einem Mix aus Weiss und Türkis.

Nokia gewinnt diese Kategorie, weil das runde Kameragehäuse eleganter wirkt als das Rechteck beim Wiko, das zudem nicht in der Mitte ist. So wackelt das französische Phone auf dem Tisch, das finnische nicht. Zudem ist das View 5 Plus dicker, schwerer und hat noch dickere Ränder rund um den Screen als das Nokia 5.4. Auf der Vorderseite sieht man den Phones eh den tiefen Preis stärker an als hinten.

Display: Wiko-Helligkeit als Vorteil

Der Wiko-Screen misst 6,55 Zoll, beim Nokia sind es 6,39 Zoll. Der Unterschied ist minimal, die Auflösung mit 720 auf 1600 und 720 auf 1560 Pixel ähnlich niedrig. Eine Top-Qualität darf man nicht erwarten, wenn es auch für den Alltag ausreicht.

Der Screen des View 5 Plus ist sichtbar heller als jener des Nokias. Das kann bei Sonnenschein entscheidend sein, ob man alles noch gut ablesen kann. Der Vorteil ist klein, aber die Display-Kategorie geht an Wiko.

Fingerabdruck-Scanner: Schnell und gleich gut

Beide Einsteiger-Phones haben einen Fingerabdruck-Scanner auf der Rückseite. Und der ist erstaunlich gut – bei beiden Modellen. Es gab im Test bei der Zuverlässigkeit und beim Tempo keine grossen Unterschiede zwischen Nokia und Wiko. Und was noch wichtiger ist: Auch keine grossen Unterschiede zu deutlich teureren Modellen.

Akku: Grösser und schwerer ergibt mehr Laufzeit

Die gute Nachricht: Beide Smartphones halten im Alltag deutlich länger als einen Tag. Normalnutzer werden wohl zwei Tage ohne Nachladen auskommen. Und auch wer viel Videos schaut, kommt auf gute Laufzeiten.

Allerdings ist das Wiko im Vorteil: Es ist grösser und schwerer und hat auch eine um 1000 mAh grössere Batterie. Und die 5000 statt 4000 mAh wie beim Nokia 5.4 merkt man dann auch im Test. Wir haben nonstop Youtube bei voller Helligkeit laufen lassen. Nach rund vier Stunden hatte das Nokia noch 53 Prozent Restlaufzeit, beim View 5 Plus waren es noch 66 Prozent.

Software: Ein grosses Plus für Nokia

Auf den ersten Blick sieht die Oberfläche der beiden Konkurrenten sehr ähnlich aus. Nämlich nach purem Android 10. Doch leider drängt einem Wiko bei der Installation irgendwelche Apps auf, die man nachher wieder mühsam deinstallieren muss.

Zudem setzt Nokia wirklich auf pures Android und kann so zwei Jahre Software-Updates und drei Jahre Sicherheitsupdates garantieren. Im Alltag entscheidend: Das Wiko ruckelt deutlich häufiger beim schnellen Wechsel zwischen Anwendungen als das Nokia. Somit ist hier die finnische Marke klar im Vorteil.

Kameras: Schwäche im Doppelpack

Beide Hersteller machen denselben Fehler. Sie werben mit einer «Vierfachkamera», hätten aber besser das Geld in nur einen Sensor investiert, der aber auch richtig gut ist. So wie das Google beim Pixel macht oder auch Apple beim iPhone SE. Was auch bei beiden nervt: Auf dem Screen sehen die Fotos viel blasser und schlechter aus als nachher auf dem Computer.

Die Folge davon ist, dass sowohl Nokia wie auch Wiko etwa einen Makro-Sensor eingebaut haben, der nicht viel taugt. Man muss «von Hand» den richtigen Abstand zum Sujet finden und braucht meist zehn Aufnahmen, damit eine einigermassen scharf und brauchbar ist. Wirklich toll ist aber keine Aufnahme.

Je schwieriger das Licht, desto schlechter werden die Fotos. Zwar haben beide Phones einen Nachtmodus, die Resultate sind aber sehr mittelmässig. Das Nokia pusht die Farben dabei stärker, beim Wiko wirkt es weniger attraktiv, dafür natürlicher. Gute Noten kann kein Gerät einfahren.

Bei ganz normalen Fotos sind die Resultate dann okay. Beide haben einen 48-Megapixel-Hauptsensor, der anständige Bilder produziert. Beim Nokia 5.4 ist der Qualitätsabfall zwischen Weitwinkel und Normal grösser als beim View 5 Plus. Dafür überzeugen die Finnen mit besserem HDR, der Himmel wirkt dramatischer und kommt der Realität näher.

Einen eindeutigen Gewinner gibts nur bei den Selfies. Hier macht das Nokia durchgehend die besseren Fotos. Die Farben sind natürlicher, der Hintergrund besser erkennbar, das Gesamtresultat wirkt harmonischer.

Billiges Handy? Geheimtipps von Nokia und Wiko im Vergleich

Kommen wir zum Fazit. Klar wird: Wer viele Fotos macht, wird mit keinem der Geräte wirklich glücklich. Da muss man wohl etwas mehr Geld investieren. Sonst gibts für 200 Franken erstaunlich viel Smartphones bei Wiko und Nokia. Mit grossen Screens, schickem Design und guter Verarbeitung.

Können wir einen klaren Sieger küren? Jein. Das View 5 Plus hat drei Kategorien für sich entscheiden können, das Nokia 5.4 nur zwei. Trotzdem ist das Rennen sehr eng, und es kommt auch sehr auf die persönlichen Präferenzen drauf an. Wem Displayhelligkeit, Akkulaufzeit und Preis wichtig sind, der fährt mit dem Wiko besser. Das Nokia trumpft bei Software und Design auf – und bei Selfies.