Clubhouse: Ist diese Hype-App das neue Facebook oder Instagram?

Seit wenigen Tagen erlebt eine neue App einen gigantischen Boom. Clubhouse bringt zwei Trends zusammen: Podcasts und Social Media. Und alle können mitmachen. Wir erklären, was die App kann – und was noch nicht.

TextLorenz Keller

Bist Du seit vorgestern dabei? Oder erst seit gestern? Momentan erlebt eine neue App im deutschsprachigen Raum einen riesigen Boom. Plötzlich Hunderte Künstler, Polit-Aktivisten, Digitalstrategen, Marketing-Gurus, aber auch viele ganz normale Leute sind dort anzutreffen. Clubhouse heisst die App: Ist diese Hype-App das neue Facebook oder Instagram?

Mitmach-Podcast, offenes Podium und Social Network – alles in einem

Clubhouse hat einen Nerv getroffen. Zwar gibts die App schon seit April 2020, doch erst seit wenigen Tagen ist sie im deutschsprachigen Raum so richtig angekommen. Podcaster und Blogger haben darüber berichtet. Und scharenweise probieren nun die Leute den neuen Dienst aus.

Einen solchen Hype gab es in den USA bereits letzten Sommer, also plötzlich Paris Hilton, Drake oder Kevin Hart eigene Chaträume auf Clubhouse aufgemacht haben.

Zum Hype trägt auch dazu bei, dass momentan nicht jedermann sich einfach so anmelden kann, sondern dass man von einem Mitglied eingeladen werden muss. Und jeder kann nur zwei weitere Personen zum Clubhouse mitnehmen. Eine gewisse Exklusivität wird so suggeriert – natürlich eine gute Basis für einen Hype.

Aber: Die Anwendung trifft auch einen Zeitgeist. Es ist ein Mix aus Chat, Podcast, Online-Podiums-Diskussion und Social Network. Ist man mal angemeldet, kann man schnell und unkompliziert mitmachen. Oder auch einfach nur zuhören. Denn die App ist Audio-only. Mit einem Handy und Kopfhörern mit Mikrofon ist man dabei, überall und jederzeit.

So funktioniert die Clubhouse-App

Wichtig zu wissen: Bislang gibt es die App erst fürs iPhone, und sie ist noch in der Beta-Version und wird laufend erweitert. Man kann sie gratis im Store herunterladen und installieren. Wer keine Einladung hat, der kann sich nun vorab anmelden und schon mal den Benutzernamen sichern.

Hat einen jemand eingeladen, bekommt man ein SMS und kann sich mit dem Klick auf den Link anmelden. Zuerst einmal muss man einige Dinge ausfüllen. Es braucht eine Telefonnummer und den richtigen Namen, man kann auch ein Profil erstellen. Danach gibt man Interessen an, was dann beeinflusst, welche Inhalte einem vorgeschlagen werden. Und man kann sich mit allen Leuten verbinden, die man im Adressbuch hat.

Auf der Startseite findet man nun vorgeschlagene Räume, weitere findet man in einem Kalender, wo man sich interessante Diskussionen gleich vormerken kann. Unten startet man mit wenigen Klicks einen eigenen Raum.

So einen Raum muss man sich wie ein Podium vorstellen. Wer ihn eröffnet, fungiert alleine oder mit Freunden als Moderator. Wer den Raum betritt, ist erst mal Zuhörer. Drückt man auf den Hand-Knopf, können einen die Moderatoren auf die Bühne holen. Und man kann sofort mitreden.

Auf der Seite des Raums sieht man alle auf der Bühne und alle im Raum mit kleinen Bildchen. Klickt man darauf, kann man die Infos zur Person lesen – und ihr wie bei anderen Social Networks folgen. Chaträume, in denen Freunde mitmachen oder die Freunde gar angelegt haben, werden dann natürlich bevorzugt angezeigt.

Darum begeistert Clubhouse so viele neue Nutzer

Die Vielfalt und die Experimentierfreude ich riesig. Neben vielen englischsprachigen Räumen entstehen gerade auch viele auf Deutsch. Alles ist möglich: politische oder gesellschaftliche Themen werden genauso besprochen wie Netflix-Tipps, digitale Trends oder Marketingstrategien. Manchmal legt auch nur ein DJ auf – oder es ist eine Talkshow oder ein Comedy-Programm zu hören.

Faszinierend ist momentan die Nähe. So konnte man am Wochenende plötzlich mit dem deutschen FDP-Chef Christian Lindner diskutieren oder der Klimaschutz-Aktivistin Luisa Neubauer zuhören. Und an einem Start-up-Panel mit 700 Zuhörern waren dann auch plötzlich die Fussballprofis André Schürrle, Mario Götze und Fernsehmoderator Joko Winterscheidt dabei.

Und viele Experten und Fachleute aus allen möglichen Gebieten probieren Clubhouse momentan aus. So einfach war es noch nie, Fragen zu seinen Lieblingsthemen zu stellen. Start-ups können sich genauso vernetzen wie Star-Wars-Fans.

Dass alles ohne Videostream funktioniert und so einfach ist, senkt die Einstiegshürde stark. Man kann auch während des Autofahrens oder Spazierens mitmachen, zu Hause auf dem Sofa oder im Bett. Und man hat dabei ein echtes Pioniergefühl. Die Hype-App Clubhouse wirkt dabei so viel frischer als etwa Facebook oder Instagram.

Die Investoren lieben die App bereits: Clubhouse ist mit über 100 Millionen Dollar bewertet.

Darum könnte der Hype auch schnell wieder vorbei sein

Clubhouse ist wie viele andere soziale Medien ein Zeitfresser. Viele Neulinge verbringen gleich mal Stunden dabei, in verschiedene Räume zu schauen. Denn anders als bei Instagram, Twitter oder TikTok sind es nicht viele kleine Häppchen, die einem da angeboten werden. Sondern eben Diskussionen und Podien von 30 Minuten und länger.

Rumzappen bringt nicht viel, man muss zu fixen Terminen auch wirklich Zeit haben. Denn alles ist live und lässt sich nachher nicht mehr abrufen. Ob sich da mit der Zeit nicht viele wieder zurückziehen werden?

Und man muss sich auch bewusst sein: Man gibt den Gründern aus San Francisco auch gleich viele Daten inklusive Telefonnummer bekannt – wie bei anderen sozialen Netzwerken auch. Und irgendwann wird Clubhouse auch Geld verdienen wollen.

Zudem ist Clubhouse im deutschsprachigen Raum, auch wegen der beschränkten Zahl an verteilbaren Einladungen, noch eine ziemlich geschlossene Gesellschaft. Sprich: viele Gründer, Marketingleute, Techfreaks, Digital-Experten und Investoren. Doch die USA haben gezeigt, dass sich das auch schnell ändern kann.

Die breitere Öffnung hat dort aber auch dafür gesorgt, dass Belästigungen und Hassreden zugenommen haben. Und das auch wegen des Live-Charakters und der grossen Freiheiten fast nicht unterbunden werden kann. Neu gibts immerhin die Möglichkeit, fehlbare User zu melden und sich dabei auf Community-Richtlinien zu beziehen.

Die Hype-App Clubhouse als Konkurrenz zu Facebook oder Instagram

Derzeit drehen sich noch viele Diskussionen in Clubhouse über Clubhouse. Und ob die App langfristig Erfolg haben wird, ist noch völlig offen. Während TikTok bei den Teenagern zum Durchstarter wurde, könnte diese Rolle bei den älteren Digital-Usern Clubhouse übernehmen.

Gerade weil es nicht nur um Unterhaltung und Selbstinszenierung geht, sondern eben auch um Austausch und Wissensvermittlung. Solange es den Gründern gelingt, diese Atmosphäre von Gruppendiskussion und Stammtisch aufrechtzuerhalten, hat Clubhouse neben etablierten Social-Media-Kanälen wie Instagram, Twitter, Facebook, Snapchat oder TikTok durchaus eine Chance.