Ist der bunte iMac der beste PC der Welt?
Mindestens 1449 Franken zahlt man für den neuen iMac mit 24-Zoll-Screen. Dafür gibts aber enorm viel Leistung und viele kleine Details. Im ersten Test muss der Apple-Rechner beweisen, ob das reicht, um das Wohnzimmer zu erobern.
Mit dem neuen M1-Chip hat Apple eine Allzweckwaffe entwickelt. Er kommt im MacBook zum Einsatz, neu auch im iPad Pro. Und auch der iMac wird damit ausgeliefert und soll mit seinen bunten Farben nicht nur schicke Büros, sondern auch das Homeoffice und das Wohnzimmer erobern. Ist der bunte iMac der beste PC der Welt?
Wir haben die Topversion in Violett zum Test erhalten. Der Preis dafür: mindestens 1900 Franken. Den iMac gibts aber schon für 1450 Franken, in den Läden steht er ab dem 21. Mai. In den ersten Tagen im Test muss sich der Computer als Schwerarbeiter genauso beweisen wie im Familienalltag.
Power: Nach wie vor beeindruckend
Im neuen iMac arbeitet der M1-Prozessor. Apple hat ihn im Herbst vorgestellt und bereits ins MacBook Air und Pro eingebaut. Hier gibts die erste Review und der Vergleich mit der Intel-Konkurrenz.
Auch im erneuten Test beeindruckt der Chip, der wahlweise mit 8 oder 16 GB Arbeitsspeicher bestellbar ist. 30 Tabs in Chrome gleichzeitig nutzen – kein Problem. 50 Fotos in voller Auflösung öffnen – passiert praktisch ohne Verzögerung.
Im normalen Homeoffice-Alltag wird man den iMac kaum je an seine Grenzen bringen. Den Lüfter haben wir im Test nie gehört, auch nicht beim Videoschneiden und -exportieren.
Wie gross der Schritt beim M1 ist, zeigt folgender Vergleich: Ein fünfminütiger Videoschnitt mit Effekten, aber nur in 1080p-Auflösung braucht auf dem MacBook Pro mit Intel Core i5 und 16 GB Arbeitsspeicher rund 25 Minuten, bis er exportiert ist.
Auf dem neuen iMac mit M1 und 16 GB Arbeitsspeicher sind es noch zwei bis drei Minuten. Zudem ist das MacBook beim Videoexportieren faktisch blockiert, während man beim iMac problemlos weiterarbeiten kann. Das sind schon Welten bei ähnlichen Anschaffungspreisen.
Design und Screen: Farbenfroh, aber nicht ganz konsequent
Der neue Computer von Apple ist ein sogenanntes All-In-One-Gerät im besten Sinn. Die ganze Technik steckt im Bildschirm drin – und der ist kaum dicker als ein konventionelles Display. Man hat also im ersten Moment das Gefühl, dass da nur ein Screen auf dem Tisch steht und der Tower noch irgendwo sein muss.
Aber nein, Prozessor, Harddisc, Anschlüsse – alles direkt hinter den Bildschirm gepackt. Dieser ist 24 Zoll gross, bietet eine tolle Auflösung von 4480 auf 2520 Pixeln und eine gute Helligkeit.
Und da der iMac wirklich nur wenig dicker als ein Zentimeter ist, sieht er wunderbar minimalistisch und elegant aus. Toll ist auch die grosse Farbauswahl. Das günstigste Modell gibts in vier, die teureren gar in sieben Farben.
Unser Testgerät ist violett – eigentlich sind es aber vier Farben. Der metallene Sockel schimmert je nach Lichteinfall von violett bis grau. Das Kinn, die Glasfläche unter dem Bildschirm, ist eher milchig. Die Rückseite dagegen mit dem grossen Apfel-Logo wirkt eher wie ein sehr dunkles Blauviolett oder gar schwarz. Etwas schade ist, dass der Rand um den Screen dann noch weiss ist und nicht violett wie der Rest der Glasfläche.
Nicht ganz zum schicken und modernen Look passt die grosse Fläche unter dem Bildschirm. Sie eignet sich zwar gut, um Post-its anzukleben. Aber sonst wirkt das Kinn des iMac etwas gar gross geraten. Manche User würden sich wünschen, Apple hätte den Bildschirm etwas dicker gemacht und dafür den Rand dünner.
Dann wäre der moderne Look noch etwas gelungener – und der Neuanfang im M1-Zeitalter auch optisch noch deutlicher.
Tolle Extras: Fingerabdruck, Ethernet, Webcam, Speaker
Apple hat sich einige Spezialitäten einfallen lassen, die im Alltag überzeugen. Toll ist der Fingerabdruck-Scanner, der in die Tastatur integriert ist. Damit startet man sein Profil ultraschnell auf, ohne jedes Mal mühsam ein Passwort einzugeben. Es animiert auch dazu, den Rechner auch bei kleineren Pausen in den Ruhezustand zu schicken.
Falls mehrere Personen den iMac benutzen, kann man für jeden ein Profil mit Fingerabdruck einrichten. Das System erkennt dann automatisch, wer sich einloggen will. Sehr cool, gerade für Familien.
Eine gute Idee ist auch, den Ethernet-Anschluss in den ziemlich grossen und massiven Stromadapter zu packen. So kann man das alles schön unter dem Tisch verstecken und hat nur noch ein Kabel, das zum iMac führt und dort magnetisch befestigt werden kann. Da Tastatur und Maus ebenfalls drahtlos sind, kann man das Umfeld im Idealfall ziemlich clean gestalten.
Endlich hat Apple auch beim Mac in Sachen Webcam einen Schritt vorwärts gemacht. Die bisherigen 720p-Kameras, auch in den MacBooks mit M1-Chip, sind qualitativ höchst mittelmässig. Nun gibts eine 1080p-Webcam, die auch im nicht ideal ausgeleuchteten Büro für gute Bildqualität bei Videocalls sorgt. Das gehört in der heutigen Welt einfach zu einem guten PC, auch wenn es ein bunter iMac ist.
Überraschend gut tönen die eingebauten Lautsprecher. Gleich sechs Stück hat Apple integriert. Sitzt man direkt vor dem Mac, hört man einen satten Sound mit Stereoeffekt. Das tönt mindestens so gut wie mit einem HomePod Mini.
Die Krux mit Tastatur und Maus
Die mitgelieferte Tastatur und die Maus überzeugen im Test nicht ganz. Beide sind drahtlos, Apple setzt aber zum Aufladen weiter auf einen Lightning-Anschluss statt auf USB-C.
Damit könnte man leben. An das ungewöhnliche Touch-und-Klick-Konzept der Magic Mouse mit mässig guter Ergonomie muss man sich gewöhnen, notfalls benutzt man halt eine andere drahtlose Maus.
Schwieriger wird das Thema Keyboard, wenn man mit den engen Tasten und der viel zu flachen Bauweise nicht klarkommt. Bezüglich Ergonomie ist auch das überhaupt nicht das beste Konzept.
Das Problem: Zwar kann man sich für 30 Franken extra eine Version mit Ziffernblock und Touch-ID bestellen – eigentlich ein Muss für den Alltag. Aber das Keyboard ganz gegen ein Alternativ-Produkt austauschen tut weh. Denn dann verliert man den tollen Fingerabdruck-Scanner. Ein ziemliches Dilemma für alle jene, welche mit der Tastatur nicht klarkommen.
Die interne Konkurrenz ist stark, auch im Preisvergleich
Das Luxusproblem von Apple: Es gibt keinen «schlechteren» und günstigeren Prozessor mehr. So ist auch der günstigste iMac mit 1450 Franken nicht wirklich billig. Vor allem, weil man einige lässige Funktionen nicht inklusive hat. Etwa kein Gigabit-Ethernet am Charger, keinen Fingerabdruck-Sensor und auch nur zwei statt vier Anschlüsse.
Alles ausser den Anschlüssen kann man sich zwar dazubuchen, dann kommt man auf 1530 Franken. Da ist der Schritt zur Version für 1680 Franken mit vier Anschlüssen, besserem Grafik-Chip und grösserer Farbauswahl dann auch nicht gross. 16 statt 8 GB Arbeitsspeicher kosten 220 Franken zusätzlich, eine Festplatte mit 512 statt 256 GB ebenfalls 220 Franken. Bei 1 TB sind es 440 Franken extra.
Der iMac ist auf jeden Fall diesen Preis wert, nicht dass diese Auflistung missverstanden wird. Aber: Apple bewirbt das Gerät auch als Familien-PC – und dafür ist es eigentlich total «übermotorisiert».
In der Windows-Welt gibts ebenfalls schöne All-In-One-Systeme mit teilweise deutlich grösserem Screen und grösserer Festplatte für weniger als 1000 Franken. Klar hat man da viel weniger Prozessor-Power, aber die meisten Leute werden im Alltag kaum einen Unterschied bemerken.
Nicht zu vergessen die interne Konkurrenz. Ein MacBook Air kostet in der Einstiegskonfiguration 1079 Franken. Da hat man bereits den Fingerabdruck-Scanner drin. Und noch fast 400 Franken Budget für externen Riesen-Screen, Maus und Tastatur.
Oder man besorgt sich den MacMini für nur 779 Franken. Hier bleibt sogar genug Geld übrig, um sich einen gigantischen 34-Zoll-Bildschirm im Breitformat zu kaufen. Zwei solche Modelle haben wir hier getestet. Im Homeoffice hat man so eine ganz andere Arbeitsqualität – und kann den Screen zudem auch weiter nutzen, wenn man den Rechner ersetzen will.
Ist der bunte iMac der beste PC der Welt?
Der Personal Computer hat schon viele Wandlungen durchgemacht. Eine Zeit lang sah es so aus, als würden PCs von mobilen Geräten abgelöst. Das hat sich nun mit dem Homeoffice wieder geändert. Und auch längerfristig dürfte dieser Trend weitergehen. Wer kann, arbeitet zumindest teilweise von zu Hause aus.
Ist der bunte iMac nun der beste PC der Welt? Der beste Computer für diese Aufgaben? Herausragend ist die Power, die man dem Gerät gar nicht zutraut. Gerade wer mit Fotos oder Videos arbeitet oder andere grosse Dateien bewegt, wird begeistert sein, wie spielend das der iMac kann. Da ist dann nur die Frage, ob alle benötigten Programme auf MacOS vorhanden sind. Übrigens: Im Test hat auch nicht auf den M1-Chip optimierte Software ausgezeichnet funktioniert.
Der neue Apple-Computer schafft auch gut den Spagat zwischen Arbeit und Familie. Man kann sich mehrere Profile einrichten und zwischen diesen per Fingerabdruck innert Sekunden wechseln. Und auch optisch passt er genauso ins Wohnzimmer wie in ein Büro. Nicht vergessen darf man aber, dass ein MacBook noch deutlich flexibler ist – und trotzdem gleich viel Rechenleistung bietet.
All die Hipster-Werbeagenturen werden sich garantiert iMacs in allen Farben in die schicken Grossraumbüros stellen. Wenn das Budget aber knapp ist, rechnet sich der iMac nur, wenn man die Rechenpower auch wirklich nutzt. Mit dem MacMini spart man ohne Abstriche im Alltag ein paar Hundert Franken. Und auch in der Windows-Welt gibts günstigere Alternativen.