Google baut bestes Handy – mit zwei Ärgernissen

Das Google Pixel 6 begeistert für weniger als 700 Franken mit Design, Software und Kamera. Eine Enttäuschung sind Akkulaufzeit und Fingerabdruckscanner. Und dass es das Phone nur als Import gibt.

TextLorenz Keller

Pros

  • Überdurchschnittliche Kamera
  • Frisches und einmaliges Design
  • Schnelles Android 12
  • Günstiger Preis
  • Viele Individualisierungsmöglichkeiten

Cons

  • Unterdurchschnittliche Akkulaufzeit
  • Lahmer Fingerabdruckscanner
  • Kein Zoom, keine Gesichtserkennung

Das neue Google Pixel 6 weckt Emotionen – gute und schlechte. Kühl wird das Smartphone aber keinen lassen. Und das ist gut so. Denn der Branche fehlen momentan ein wenig die herausragenden Geräte, die begeistern, aber auch Diskussionen auslösen. Google baut nun das beste Handy unter 1000 Franken – leider auch mit zwei Ärgernissen.

Selber importieren oder warten

Ein grosses Ärgernis schon seit Jahren ist, dass Google ihre Smartphones offiziell nicht in die Schweiz bringt. Klar, wir sind ein kleiner Markt. Aber gerade für Geräte der Oberklasse sehr interessant. Zudem hat Google in Zürich den grössten Standort ausserhalb der USA aufgebaut – Pixel-Phones gibts trotzdem nicht.

Also muss man die selber besorgen – oder dann auf ein Importgerät aus dem Onlinehandel hoffen. Allerdings ist das Pixel 6 momentan kaum lieferbar. Und wenn, dann mit saftigem Aufpreis. So gabs zum Testzeitpunkt ein einziger, kleiner Anbieter, der das Pixel 6 für 780 Franken lieferbar hatte. In Deutschland kostet es umgerechnet aber nur 690 Franken.

Die grösseren Händler verlangen nochmals 40 bis 50 Franken mehr, man wird aber teilweise bis in den Januar warten müssen, bis überhaupt etwas lieferbar ist. Je nach Verfügbarkeit können die Preise hier noch schwanken. Der Vorteil der Schweizer Händler: Sie müssen auch eine Garantie anbieten.

Wir haben uns das Testgerät in Deutschland bestellt und an eine deutsche Lieferadresse von Swiss Paket schicken lassen. Das kostet nur ein paar Euro, allerdings muss man das Gerät dann selber abholen und sich auch um die Verzollung kümmern.

Ein Tipp ist hier MeinEinkauf, welche die gesamte Arbeit übernehmen und das Paket in die Schweiz weiterschicken. Das kostet den deutschen Einkaufspreis plus 17.90 Franken. Was immer noch günstiger ist als bei den Schweizer Importeuren.

Wer sich ein Handy selber importiert, der muss einfach daran denken, dass dann auch Garantie und Service bei uns nicht möglich sind. Das ist natürlich ein gewisses Risiko.

Darum lohnt sich das Pixel 6 trotz Import-Schwierigkeit

Der ganze Aufwand lohnt sich aber, wie der Test zeigt. Das letzte Mal haben die ersten Falt-Phones solche Emotionen ausgelöst. Endlich wieder mal was Neues, endlich wieder mal ein Hersteller, der ein bisschen etwas wagt.

Das startet beim Design. Das Pixel 6 ist kantiger als die meisten Geräte auf dem Markt. Das wird durch den total flachen Screen noch verstärkt. Und durch das Kamera-Modul auf der Rückseite, das wie ein Visier quer übers gesamte Gerät läuft.

Schick sind auch die Details, wie die zweifarbige Rückseite mit dem schwarzen Kamera-Visier dazwischen. Das Modul steht recht heraus, das sind wir uns ja von vielen anderen Modellen inzwischen gewohnt. Dank der Breite wackelt das Pixel aber nicht, wenn man es auf den Tisch legt. Schade nur, ist die Glasrückseite sehr rutschig.

Der 6,4-Zoll-Screen mit OLED-Technik ist wie gesagt total flach und hat nicht ganz dünne Ränder. In Kombination mit der Software wirkt das aber alles total harmonisch. Flach, praktisch, schön und gut bedienbar.

Die Bildwiederholrate liegt zwar nur bei 90 Hertz – in der Oberklasse sind inzwischen 120 Hertz möglich. Trotzdem ist das Pixel 6 vom Gefühl her das schnellste Gerät auf dem Markt.

Android 12 zeigt seine Stärken

Ein grosser Vorteil der Pixel-Telefone: Man hat immer sofort die neusten Updates und die neuste Version des Betriebssystems. Und das in einer puren Form, so wie sich das Google gedacht hat.

Das spielt dieses Jahr eine wichtige Rolle, da Google erstmals einen eigenen Prozessor entwickelt hat. Der Tensor Titan M2 kommt mit 8 GB, dazu gibts nicht erweiterbare 128 GB Speicher.

In den Benchmark-Tests hat der Tensor gegen den Snapdragon 888 und den Apple A15 Bionic aus dem aktuellen iPhone keine Chance. Doch für einmal ist der Papierwert nur sekundär. Denn im Alltag hat man den Eindruck, das schnellste Smartphone auf dem Markt in den Händen zu halten.

Das liegt daran, dass Android 12 mit seinen schicken Animationen wirklich zackig läuft und sehr frisch wirkt. Es passt einfach alles, etwa bei den durchdachten Benachrichtigungen oder dem übersichtlichen Befehlscenter.

Und dann sind es halt die kleinen Dinge, die begeistern. Etwa das schicke, abgerundete Uhren-Widget. Oder dass sich die Grundfarben mit wenigen Klicks ändern lassen, etwa automatisch auf das Hintergrundbild abgestimmt. So wirkt das Phone mit kleinstem Aufwand deutlich individueller.

Android 12 macht auch immer wieder selber sinnvolle Vorschläge. Zum Beispiel, ob man sich aktuelle Kalendereinträge gleich im Startbildschirm und auch auf der ersten Seite anzeigen lassen will. Klar, wer Google-Dienste nutzt, der ist im Vorteil. Die sind am tiefsten ins System integriert.

Ärger mit Akku und Fingerabdruck

So begeistert man vom Design und von der Bedienung im Alltag ist, es gibt auch zwei klare Schwächen. Und die kann man nicht ganz so einfach zur Seite schieben, denn sie betreffen auch Dinge, die man jeden Tag intensiv nutzt.

So ist der Fingerabdruck-Scanner unter dem Screen in zweifacher Hinsicht nicht ideal. Er ist recht langsam im Vergleich zu aktuellen Topmodellen von Samsung oder Oppo. Zudem deutlich unpräziser. Immer wieder braucht es mehrere Versuche, bis das Pixel 6 entsperrt ist.

Die Alternative ist, den Code einzutippen. Eine Gesichtserkennung bietet Google leider nicht an. Man kann die Zielgenauigkeit etwas erhöhen, indem man in den Einstellungen unter Display die «Bessere Berührungsempfindlichkeit» einstellt. Die ist eigentlich gedacht, wenn man einen Displayschutz nutzt, und erhöht die Empfindlichkeit des gesamten Screens.

Letztlich kann man nur hoffen, dass Google hier mit Software-Updates noch etwas herausholen kann oder sogar die Gesichtserkennung nachliefert. Diese Hoffnung hat man auch beim zweiten Problem.

Trotz 4600 mAh grosser Batterie ist die Akkuleistung nur mittelmässig. Gegenüber einem Oppo Find X3 Pro oder einem iPhone 13 Pro muss man deutliche Abstriche machen, auch die «Samsung Galaxy S21»-Geräte bieten mehr. Normalerweise kommt man auch mit dem Pixel 6 durch den Tag, aber die Reserven sind klein.

Kamera mit unglaublicher Technik und eigenem Look

Beim Pixel 6 muss man auf einen optischen Zoom verzichten, den gibts nur in der teureren Pro-Version. Zu der später noch mehr. Google setzt auf eine ganz neue 50-Megapixel-Kamera und auf ein Weitwinkel-Sensor mit 12 Megapixel.

Und die wie immer grandiose Kamera-Software holt ein Maximum aus dieser Technik heraus. Tolle, aber natürliche Farben, fantastischer Ausgleich von Schatten und Licht mit HDR. Und immer scharfe, knackige Fotos mit unglaublich vielen Details. Der 50-Megapixel-Sensor schafft zudem immer wieder ein natürliches Bokeh.

Den Unterschied merkt man vor allem in Extremsituationen: Wenn die Sonne herunterbrennt oder auch im Dunkeln. Der Nachtmodus ist der beste auf dem Markt. Nicht nur, weil er die Szenen so hell zeigt wie sonst keine andere Kamera, sondern weil dabei das Bildrauschen minimal ist und extrem viele Details erhalten bleiben.

Vorbildlich auch der Bearbeitungs-Modus, der mit wenigen Klicks eigene Looks ermöglicht. Er hilft auch dabei, wenn es die Software wieder etwas übertrieben hat. Die Google-Fotos sind, je nach Geschmack, manchmal etwas zu «überproduziert».

In den Bearbeitungen kann man auch mit dem «magischen Rasierer» mit wenigen Klicks Fotos retuschieren, also etwa ein störendes Objekt entfernen. Das funktioniert erstaunlich gut und schnell, normalerweise braucht man für so was ein teures Programm auf dem Computer.

Übrigens: Die Software ist so gut, dass sie es schafft, aus der Selfiecam mit nur 8 Megapixeln trotzdem Fotos herauszuholen, die auch mit der potenteren Konkurrenz mithalten können. Nur bei Makro-Fotos kann der Pixel nicht punkten. Man kommt bis rund zehn Zentimeter ran, dann ist Schluss.

Im Bereich Video zieht das Pixel dank präzisem Fokus, ausgezeichneter Stabilisierung und gutem Lichtausgleich mit der Android-Konkurrenz gleich. Nur das iPhone ist nach wie vor etwas zuverlässiger.

Und was ist mit dem Pixel 6 Pro?

Google hat ja auch noch ein zweites Pixel auf den Markt gebracht. Das Pixel 6 Pro ist mit 6,7 Zoll etwas grösser, hat einen 120-Hertz-Screen, einen Zoom mit vierfacher optischer Vergrösserung, mehr Arbeitsspeicher und eine höher aufgelöste Selfiekamera.

Das Design ist leicht anders, denn der Screen ist an den Kanten abgerundet, was nicht unbedingt besser aussieht – einfach konventioneller. Der grösste Nachteil ist aber der Preis: Man zahlt rund 370 Franken mehr, also knapp 950 Franken.

Damit ist das normale Pixel 6 der bessere Deal und überholt jedem Konkurrenten bis rund 1000 Franken. Nur die Topmodelle von Oppo, Samsung oder Apple für über 1000 Franken bieten noch etwas mehr.

Dazu kommt, dass das Pro in der Schweiz noch schwieriger ist zu kaufen als das normale Pixel 6. Bei Onlinehändlern heisst es bisher nur: «Liefertermin unbekannt». Und im Ausland ist es zum Teil schon ausverkauft.

Google baut bestes Handy – mit zwei Ärgernissen

Trotz der Schwächen macht das Google Pixel 6 gute Laune. Weil es ein frisches Handy-Erlebnis mit kleinen Zusatz-Features bietet, das einfach Spass macht. Und das Ganze zu einem sehr fairen Preis.

Das Pixel 6 ist mit 680 Franken günstiger als alle der neuen iPhone-Modelle, und auch ein Galaxy S21 oder ein Find X3 Pro ist im Handel meist noch teurer, obwohl sie fast schon ein Jahr auf dem Buckel haben. Von dem her ist das Pixel 6 zu diesem Preis ein ausgezeichneter Deal. 

Kann Google mit Software-Updates die Akkuschwäche und den lahmen Sensor für Fingerabdrücke zumindest teilweise korrigieren, dann dürften die Käufer rundum zufrieden sein.

Und das sind die grössten Konkurrenten für das Google Pixel 6:

Das iPhone 13 überzeugt mit schnellem Prozessor und zuverlässigen Kameras. Zudem ist die Akkulaufzeit sehr gut und das Betriebssystem ideal auf das Phone abgestimmt.

Dass Galaxy S21 Ultra ist das Top-Gerät von Samsung. Auch hier findet man kaum Schwächen, bei der Zoom-Kamera hängt Samsung sogar die gesamte Konkurrenz ab. Aber das Ultra kostet auch klar über 1000 Franken.

Das Kamerasystem ist die grosse Stärke des Oppo Find X3 Pro. Zwei 50-Megapixel-Sensoren für Hauptkamera und Weitwinkel liefern ausgezeichnete Bilder in allen Perspektiven. Toll auch das Schnelllade-System und der spezielle Mikroskop-Modus, den es so nirgendwo sonst gibt.